FAZ 26.1.1991


Die Roten Khmer und die Heuchelei der Mächte

Kambodscha - ein Skandal ohne Ende - Von Erhard Haubold

Das nagelneue Hotel Cambodiana, ein kapitalistisches Juwel mit dem größten Swimmingpool in Indochina und einem herrlichen Blick auf den Mekong, liegt am Karl-Marx-Kai im sozialistischen Phnom Penh. Unter seinen Eignern sind drei Geschäftsleute aus Singapur, jenem Stadtstaat also, der am lautesten schimpft, wenn andere das westliche „Wirtschaftsembargo" gegen Vietnam und Kambodscha durchbrechen, der aber den bösen Kommunisten seit Jahren „Tiger"-Bier oder Autoersatzteile liefert. Widersprüche und Heuchelei, wo man hinschaut in Kambodscha. Seine acht Millionen Einwohner bekommen halb soviel westliche Hilfe wie ihre 300000 Landsleute in thailändischen Flüchtlingslagern, die seit mehr als zehn Jahren auch als Erholungs- und Rekrutierungsbasis der Khmer-Guerrilla mißbraucht werden. Die „Wende" in der amerikanischen Indochina-Politik, die Außenminister Baker im Juli angekündigt hat, ist bisher eine verbale geblieben. Einige in Amerika lebende Khmer sind aus dem Flugzeug geholt worden, weil sie angeblich zu viele „greenbacks" in die alte Heimat mitnehmen wollten. Andererseits ist mit amerikanischem Geld eine 21 Kilometer lange Straße von Thailand nach Kambodscha entstanden, über die Partisanen ihre „Bevölkerung" und ihre Waffen, möglicherweise auch die vielen Minen aus chinesischer Produktion transportieren, die aus den Reisbauern eine Generation von Amputierten zu machen drohen.
Internationale Konferenzen über Kambodscha sollten nicht in Paris oder in Djakarta stattfinden, sondern hier an der Grenze, wo zum Jahreswechsel abermals die „Special Olympic Games" für die Minenopfer veranstaltet wurden. Hier sollten die kambodschanischen Führer einschließlich des Prinzen Sihanouk zusammenkommen, hier in der chirurgischen Abteilung, wo ein Mann mit einer Augenbinde und einer Armprothese einen völlig Erblindeten durch die Gänge zieht, wo Schwestern ihren Patienten helfen, zur Toilette zu humpeln. „Die feinen Herren trinken Sekt, während die kleinen Leute immer noch kämpfen, seit elf Jahren sind die Betten hier voll. Minen, Granaten, Splitter, zerfetzte Arme und Beine, tote Augen", so erzählt einer, 22 Jahre alt, der beide Arme verloren hat. Kambodscha ist ein Skandal, für den West und Ost die Verantwortung tragen. Vietnamesen (die Ende 1978 einmarschierten) ebenso wie die Sowjetunion und ihre damaligen Ostblockverbündeten (allen voran die DDR, die schon im März 1979, noch vor Moskau, einen Botschafter in Phnom Penh hatte), die von einem sozialistischen Indochina, von einer erheblichen Erweiterung ihrer Einflußsphäre in Asien träumten. Amerikaner, die bis heute die Niederlage in Vietnam nicht vergessen haben, ebenso wie Asean-Länder und Westeuropäer wie die Bundesrepublik, die bis heute keine einzige Hilfsorganisation in Phnom Penh hat, andererseits aber die Flüchtlingslager großzügig unterstützt und an die fünfzig Millionen Mark für den Häuserbau in „vom Konflikt betroffenen thailändischen Dörfern" gespendet hat, an dem vor allem die Offiziere der Royal Thai Army verdienen sollen. Im Hungerjahr 1979 weigerten sich die vietnamesischen Besetzer, Reis und andere Hilfsgüter direkt über die Straße aus Bangkok nach Phnom Penh transportieren zu lassen, alles mußte geflogen werden. Und so groß war die Xenophobie ihrer kambodschanischen Marionetten, daß die Zahl der zugelassenen ausländischen Helfer erst vor kurzem, nach mehr als einem Jahrzehnt, von rund fünfzig auf über dreihundert erhöht werden konnte.


Hilfe für Pol Pots Mordbuben
Die Vietnamesen haben den Holocaust unter Pol Pot beendet, den Steinzeitkommunismus der „Roten Khmer", der zwischen 1975 und 1979 eine Million Menschen das Leben gekostet haben dürfte. Aber die Propaganda-Waffe Hanois blieb stumpf, selbst die Kambodschaner zeigten sich nur am Anfang dankbar für die „Befreiung", sie hassen die „Verzehrer von Hundefleisch" wie keinen anderen ihrer Nachbarn. Und die Mehrzahl der Entwicklungsländer verurteilte die Invasion, die Verletzung internationalen Rechts; Jahr für Jahr stimmte sie bei den Vereinten Nationen gegen die Aufnahme der provietnamesischen Regierung in Phnom Penh, behielten die Roten Khmer, trotz ihrer blutigen Vergangenheit, als „Demokratisches Kampuchea" am Hudson Sitz und Stimme. Pol Pot durfte weiterhin, bis zur amerikanischen „Wende" im letzten Jahr, seine Opfer vertreten. Zusammen mit zwei nichtkommunistischen Fraktionen wurden die Roten Khmer Teil einer Widerstandskoalition, die unter der Führung des Prinzen Sihanouk den Vietnamesen die Expansion sauer und ihren Statthaltern in Phnom Penh das Leben schwermachen sollte. China sorgt für Waffen und lieferte der Guerrilla jüngst sogar moderne Panzer, Amerika trifft Vietnam empfindlich mit einem wirtschaftlichen Embargo, das dem bitterarmen Feind von einst jede westliche Entwicklungshilfe vorenthält, zu schweigen von Krediten der Weltbank oder moderner Technik. Die westliche Strategie zeigt Wirkung: Die Genossen Ho Chi Minhs reden nicht mehr von einer „Indochina-Föderation" unter ihrer Fuchtel und haben ihre Truppen aus Kambodscha abgezogen. Sie hat jedoch zwei Achillesfersen. Erstens wurden die Flüchtlinge im thailändischen Grenzgebiet zu menschlichen Figuren auf dem Indochina-Schachbrett. Sie gelten als Rekrutierungsbasis und Legitimation des Widerstands; so wurde ihnen die Flucht ins Innere Thailands verwehrt, obwohl vietnamesisches Artilleriefeuer und militärische Überfälle in jeder Trockenzeit ihre Opfer unter unschuldigen Frauen und Kindern forderten. Zweitens konnte mit westlicher Hilfe eine Partisanengruppe wiedererstarken, der für ihre Untaten besser der Prozeß vor einem internationalen Gericht gemacht worden wäre: die Mordbuben Pol Pots. Westliche und vor allem amerikanische Versicherungen, ihre Rückkehr an die Macht verhindern zu wollen, sind hohl. Die Roten Khmer sind längst auf dem Weg nach Phnom Penh, ohne ihre menschenverachtende Disziplin wäre die Guerrilla ein unbedeutender Haufen in Bangkok parlierender Exil-Kambodschaner geblieben. Der Westen „legitimiert eine Mörderbande", so ein asiatischer Diplomat in Phnom Penh.
Die Angst vieler Menschen dort kann man sich ausmalen. Eine Dolmetscherin erzählt, wie ihr Mann, Pilot in der Armee Lon Nols, 1975 von den siegreichen Männern („Du erkennst sie an ihren stechenden Augen") in den schwarzen Pyjama-Uniformen erschlagen wurde und wie man sie dann zwang, einen Roten Khmer zu heiraten und mit ihm ein Kind (heute zwölf Jahre alt) zu zeugen. Kaum eine Familie, die zwischen 1975 und 1979 nicht ein Mitglied verloren hätte. Dabei wäre das Leben am Mekong heute erträglich, besser als in Vietnam, gäbe es nicht die Guerrilla und die unsichere Zukunft. Die Kommunistische Partei ist seit Pol Pot diskreditiert, so betreibt Premierminister Hun Sen einen „Hennessy-Sozialismus"; eine Kollektivierung der Landwirtschaft hat er gar nicht erst versucht. Eigentum an Grund und Boden ist erlaubt, auch junge Männer dürfen wieder buddhistische Mönche werden, keine politische Veranstaltung ohne die Weihe durch einen „Bonzen". In Phnom Penh, wo die Roten Khmer nur zerstörte Häuser und Kokospalmen hinterlassen hatten, gibt es heute mehr Autos als Motorräder, drei Discos und gute Speiselokale. Zum ersten Mal seit 1975 kann man direkt nach Bangkok und nach Europa fliegen, sind Telefongespräche in den Westen (über Sydney) möglich. Japanische Besucher preisen das wirtschaftliche Potential des „Landes ohne verschmutzte Umwelt", seinen hervorragenden, ohne Düngemittel gezogenen „schwarzen" Reis, der wie Cherry Brandy schmeckt. Russische Fachleute schwärmen von den großen Goldvorräten, darüber hinaus von einem hervorragenden Klima für die tropische Landwirtschaft, die Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen, anders als etwa Bangladesh, nicht zu fürchten brauche. Mit Hilfe eines guten Bewässerungssystems könne Kambodscha ganz Südostasien mit Reis versorgen.
Aber das ist Zukunftsmusik für die meisten Khmer. Vom Boom in Phnom Penh profitieren Unternehmer und Angehörige der Partei-Nomenklatur. Wer nicht dazugehört, zahlt 1500 Dollar für einen Platz in der Medizinischen Fakultät. Unerschwinglich für einen Beamten, der vielleicht dreitausend Riel oder fünf Dollar im Monat verdient. Er braucht zwei, drei Jobs, und die Korruption wächst gefährlich, sie soll sogar die Familie des Regierungschefs erreicht haben. Ärzte verlassen ihre Kranken am späten Vormittag, um privat dazuzuverdienen. Und wenn die ausländischen Helfer die Arzneischränke nicht verschließen, verschwinden Spritzen und Medikamente. „Die Bürokratie ist noch schlimmer als bei uns, und das will was heißen", sagt ein sowjetischer Diplomat. „Privilegienwirtschaft und Clans wie seinerzeit unter der SED", urteilt ein ehemaliger DDR-Diplomat. Minenopfer verbringen zwei Tage auf dem Weg ins Krankenhaus „und kommen bei uns mehr tot als lebendig an, oft muß amputiert werden in Fällen, die im Westen gerettet werden können", erzählt ein ausländischer Arzt. Die Staatskasse ist leer, weil Steuern nicht eingezogen werden - dazu fehlen Kenntnisse und Fachleute, ganz zu schweigen von westlichen Lehrbüchern, all dies ein Erfolg des Embargos. Die Regierung hat kein Geld, um ihre Diener ausreichend zu bezahlen, um eine medizinische Infrastruktur aufzubauen oder Moskitos zu bekämpfen. Die Malaria breitet sich gefährlich aus, eine Denghi-Epidemie im letzten Jahr hat Tausende Kleinkinder dahingerafft. Deren Sterblichkeit schätzen westliche Ärzte auf drei Prozent in Phnom Penh, aber auf mehr als dreißig Prozent auf dem Lande. Weil die Guerrilla vordringt, weil die Sowjets weniger Erdöl und Düngemittel liefern, könnten in diesem Jahr die Versorgung mit Nahrungsmitteln ernsthaft knapp und internationale Hilfslieferungen notwendig werden: In der Provinz Battambang, der Kornkammer Kambodschas, sind mehr als 15000 Hektar Reisland wegen des Kriegs nicht bebaut worden.
Die internationale Isolierung Kambodschas hält an. „Noch nie ist die Existenz von acht Millionen Menschen so total und wirksam negiert worden", schreibt der belgische Diplomat Raoul Jennar. Kambodscha, „längst eines der ärmsten Länder der Welt, wenn nicht das ärmste, wird immer noch ärmer". Dafür tragen zunächst das Regime in Phnom Penh, seine vietnamesischen Lehrmeister und die übrigen sozialistischen „Bruderländer" die Verantwortung. Lange Zeit wollten sie keine westlichen Zeugen, durften kompetente Leute nicht einreisen, waren viele Provinzen für die ausländischen Hilfsorganisationen tabu. Aber auch seit der Öffnung Anfang 1989, der Liberalisierung unter Hun Sen und den zahlreichen Erleichterungen für westliche Helfer hat sich wenig geändert. Es fehlt an einheimischen Fachleuten, an wissenschaftlichen Werken, an fähigen Lehrern, an Maschinen und Ersatzteilen. Amerika hält an dem Embargo fest, obwohl Vietnam die wichtigste Bedingung, den Abzug seiner Truppen aus Kambodscha, längst erfüllt hat. Nur ein dünner Hoffnungsschimmer ist es, daß Washington zum ersten Mal direkte Hilfe gibt, 2,5 Millionen Dollar für die Kinder Kambodschas (ein Bruchteil dessen, was der Guerrilla im Grenzgebiet zufließt), und daß das UN-Kinderhilfswerk Unicef seinen Etat auf zehn Millionen Dollar verdoppeln kann, weil nicht mehr nur Schweden, sondern auch Großbritannien und die Niederlande Beiträge leisten. Investitionen sind dringend nötig und würden heute dankbar angenommen.


Zweifelhafter Friedensplan
Allein, der Westen ist noch nicht bereit - während der Ostblock sich verabschiedet. Seit dem 1. Januar verlangen die Sowjets harte Devisen für ihre Lieferungen von Erdöl und Düngemitteln. Premier Hun Sen soll den Staatsbankrott für Juni 1991 vorausgesagt haben, andere Beobachter denken an zwölf bis achtzehn Monate, weil die geplagten Khmer eine Zeitlang auch mit einer Mahlzeit am Tag auskommen könnten. Zwei Jahre lang hatte Hun Sen „carte blanche", aber jetzt fragen ihn die Hartköpfe im Politbüro, was er mit seiner „Liberalisierung" denn erreicht habe: keine Kontrolle des Geldumlaufs, eine wuchernde Schattenwirtschaft, keine verstärkte internationale Hilfe und Zugewinne für die Roten Khmer, die bereits zweitausend Partisanen in einem Bogen um die Hauptstadt postiert haben sollen. Der Westen habe den „Frühling" verspielt, das Regime verhärte sich wieder, meint Jennar, während andere Beobachter eine „rote Lösung" für Kambodscha nicht mehr ausschließen: den Kompromiß zwischen den - noch verfeindeten - Stalinisten in Hanoi und Peking, um den Kommunismus in Indochina zu erhalten.
Abermals könnte Kambodscha ein „Opfer der Geschichte und des geopolitischen Spiels" werden, wie einer seiner bekanntesten Schriftsteller sagt. Hun Sen muß inzwischen fast fünfzig Prozent des Budgets für die Verteidigung ausgeben, er wird, von den sowjetischen Freunden im Stich gelassen, den Kampf gegen die Guerrilla nicht mehr allzu lange führen können. 17 000 bis 20000 „Fronttruppen" der Roten Khmer haben die gleichen Gebiete infiltriert wie zwischen 1970 und 1975. Heute wie damals müssen immer mehr Bauern in bewaffnete Dörfer („hamletting") umgesiedelt werden, inzwischen sind es 160000, die für die Erntearbeit ausfallen. Heute wie damals leben die Städter unbesorgt, werden vor allem die Kinder der Armen zur Armee eingezogen, deren Offiziere mit dem Schmuggel von Personenwagen aus Thailand Geld verdienen oder auch Waffen an den Gegner verkaufen. Wenn es schlimm kommt, rufen sie eine vietnamesische „Eingreiftruppe", die sich in der östlichen Grenzprovinz Tay Ninh versteckt halten und hundert Dollar pro Söldner im Monat verlangen soll.
Premierminister Hun Sen, der den letzten Ost-Berliner Botschafter Rolf Dach immer wieder nach den Gründen des Zusammenbruchs der DDR befragt hat, will den „Friedensplan" des UN-Sicherheitsrats „als Grundlage für eine Lösung" annehmen, er sträubt sich aber, wesentliche Teile seiner Administration, die er immerhin seit zehn Jahren einigermaßen erfolgreich führt, UN-Beamten zu übergeben und seine Streitkräfte von „Blauhelmen" entwaffnen zu lassen. „Wer tut gleiches bei den Roten Khmer, wer findet ihre Waffenverstecke im Dschungel?" fragt einer seiner Berater. Bei „freien Wahlen" würden die Mordbuben Pol Pots „an den Rockzipfeln Sihanouks" nach Phnom Penh zurückkehren. Selbst australische Diplomaten, die an seiner Formulierung wesentlichen Anteil hatten, geben heute zu, daß der UN-Plan einen „schwarzen Punkt" enthalte, er schließe die Rückkehr der Roten Khmer an die Macht nicht aus. Aber das von den fünf Mitgliedern des Sicherheitsrats ausgehandelte „Paket" könne nicht mehr neu verhandelt werden. Besonders die Sowjetunion, die ihre Beziehungen zum nichtkommunistischen Asien dringend verbessern will, scheint die „Genossen" in Phnom Penh zur Unterschrift zu drängen. „Wir brauchen dringend Frieden", sagt der Journalist Khieu Khanharit. „Aber wer garantiert, daß die Roten Khmer das Wahlergebnis anerkennen?"
In einem erbeuteten glaubwürdigen Dokument der Guerrilla sei zu lesen, „daß wir früher oder später wieder Bürgerkrieg haben werden". Im thailändischen Grenzgebiet ist zu erfahren, daß Peking, trotz gegenteiliger Behauptungen, den Pol-Pot-Leuten immer noch Waffen liefert. Und die Angst ist groß in Kambodscha, daß die Großmächte, wenn die Wahlen erst einmal abgehalten sind und eine Koalitionsregierung installiert ist in Phnom Penh, Kambodscha vergessen könnten.
Die Vietnamesen seien ausgezeichnete Dschungelkämpfer und hätten die Roten Khmer doch nicht besiegen können; wie soll es dann den UN-Blauhelmen gelingen, von denen keiner die Landessprache spricht und von denen vierzig Prozent sehr bald mit Malaria darniederliegen werden?
So fragt ein asiatischer Diplomat, der Europa und Amerika des „Ausverkaufs" an China bezichtigt. Wie gelähmt hätten die anderen Mitglieder des Sicherheitsrats den Chinesen, die mit Kambodscha nicht einmal eine gemeinsame Grenze haben, eine „Interessenzone" zugestanden: einer der repressivsten Regierungen in Asien, die nicht entfernt soviel Pluralismus zulasse wie Hun Sen in Kambodscha. Während des Genozids unter Pol Pot von 1975 bis 1978 seien zwanzigtausend chinesische Berater in Kambodscha gewesen, und einige der führenden Parteigrößen von damals seien noch heute im Amt.
Amerika sei dabei, den Indochina-Krieg abermals zu verlieren, meint ein britischer Entwicklungshelfer. In den letzten beiden Jahren der Öffnung hätte es die Gelegenheit gegeben, Kambodscha für das westliche Lager zu gewinnen und Sihanouk von den Roten Khmer zu trennen. Statt dessen mache Amerika weiter mit beim „Endspiel", das keine der beteiligten Mächte verlieren wolle, zum großen Nachteil der Khmer. Sie werden noch eine Weile die am meisten geschlagene Nation Asiens sein. Hun Sens „Hennessy-Kommunisten" mögen freie Wahlen fürchten, das Ergebnis in Nicaragua hat sie erschüttert. Ihre Furcht vor der Rückkehr der Roten Khmer aber ist begründet und wird auch von der Bevölkerung geteilt. In der „Trockensaison", die gerade begonnen hat, versuchen Regierung und Guerrilla abermals, ihre Positionen, ihre Kontrolle über Menschen und Territorium zu verbessern. Noch einige Zeit könnte es dauern, bis in Indochina ein neues Gleichgewicht der Kräfte zwischen Vietnam, Kambodscha und Thailand gefunden ist, mit China an der Spitze. So sieht es ein sowjetischer Diplomat, dessen Land in Kambodscha heute „weder strategische noch wirtschaftliche Interessen hat".