Mit Habibies „Harmonie" ist es in Ambon vorläufig vorbei
Auf
der indonesischen Insel mündete eine Pöbelei in brutale Auseinandersetzungen zwischen
Christen und Muslimen
Von
Jürgen Dauth (Singapur)
Bei Ausschreitungen zwischen Christen und Moslems auf der ostindonesischen Molukken-Insel Ambon sind bis Donnerstag mehr als 20 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Das Militär flog Verstärkung ein.
Vor einem Monat
noch hob Indonesiens Präsident B.J. Habibie Ambon als eine Modellstadt hervor,
in der religiöse Harmonie gelebt werde. Am Dienstag, dem Tag des
Fastenbrechens nach dem muslimischen Pastenmonat Ramadan, war es damit
vorbei: Ein betrunkener Ambonese aus dem überwiegend christlichen Vorort
Batumehra beleidigte einen Moslem aus
dem benachbarten
Dorf Mardika. Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der beiden
Religionsgruppen folgten und eskalierten schließlich am Mittwoch.
Am Tag danach
wurden mehr als 20 Tote und Hunderte Verletzte gezählt. Dutzende Gebäude wurden
niedergebrannt, darunter auch Moscheen und Kirchen. Schlichtungsversuche
religiöser Führer der Christen und Moslems blieben fruchtlos. Immerhin konnten
sie eine Gruppe von Christen daran hindern, AI Fatah, die Hauptmoschee von
Ambon, zu brandschatzen. Das Leben in der Stadt sei „gelähmt", meldete die
Nachrichtenagentur Antara. Um Ambon unter Kontrolle zu bringen, haben
Indonesiens Streitkräfte mehr als 400 Elitesoldaten eingeflogen.
Augenzeugen
berichten, Soldaten hätten mit scharfer Munition auf die Bevölkerung geschossen.
Imam Radzuan,
einer der moslemischen Kleriker aus Ambon, warnt trotz der Kämpfe davor, von
Christenverfolgung zu reden — ein Schlagwort, das vor allem im Westen durch
die Presse geistert. „Was hier passiert, hat lokalen Charakter und ist nach
unseren bisherigen Erfahrungen atypisch für Ambon."
Auch in Jakarta
und Dili auf Osttimor reagierten Vertreter der christlichen Kirchen mit Verärgerung
auf westliche Berichterstattung, die die Konflikte zwischen Moslems und
Christen zu einem Religionskrieg hochreden wolle. Besonders heftige Kritik
richteten sie gegen einen
Fernsehfilm, der im deutschen ARD-Programm lief. Schlagwörter wie Christenverfolgung
seien dazu angebracht, die Situation in Indonesien aufzuheizen. Die Zusammenstöße
zwischen Christen und Moslems seien vor allem eine Folge des wachsenden
sozialen Elends, für das viele die chinesische Minderheit verantwortlich
machten. Rein zufällig seien viele Christen Chinesen.
Nach den
Ausschreitungen auf Ambon flammten Unruhen auch auf der 300 Kilometer nordwestlich
gelegenen Insel Sanana auf, wie ap ergänzend meldete. Dort seien zwei Menschen
verbrannt worden. Auf der nördlich von Ambon gelegenen Insel Seram gingen zwei
Kirchen in Flammen auf.