FR 22.1.1999

 

Mit Habibies „Harmonie" ist es in Ambon vorläufig vorbei

 

Auf der indonesischen Insel mündete eine Pöbelei in brutale Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen

Von Jürgen Dauth (Singapur)

 

Bei Ausschreitungen zwischen Christen und Moslems auf der ostindonesischen Molukken-Insel Ambon sind bis Donners­tag mehr als 20 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Das Militär flog Verstärkung ein.

 

Vor einem Monat noch hob Indonesiens Präsident B.J. Habibie Ambon als eine Modellstadt hervor, in der religiöse Har­monie gelebt werde. Am Dienstag, dem Tag des Fastenbrechens nach dem musli­mischen Pastenmonat Ramadan, war es damit vorbei: Ein betrunkener Ambonese aus dem überwiegend christlichen Vorort Batumehra beleidigte einen Moslem aus

dem benachbarten Dorf Mardika. Ausein­andersetzungen zwischen Angehörigen der beiden Religionsgruppen folgten und eskalierten schließlich am Mittwoch.

Am Tag danach wurden mehr als 20 Tote und Hunderte Verletzte gezählt. Dutzende Gebäude wurden niederge­brannt, darunter auch Moscheen und Kir­chen. Schlichtungsversuche religiöser Führer der Christen und Moslems blieben fruchtlos. Immerhin konnten sie eine Gruppe von Christen daran hindern, AI Fatah, die Hauptmoschee von Ambon, zu brandschatzen. Das Leben in der Stadt sei „gelähmt", meldete die Nachrichtenagen­tur Antara. Um Ambon unter Kontrolle zu bringen, haben Indonesiens Streitkräfte mehr als 400 Elitesoldaten eingeflogen.

Augenzeugen berichten, Soldaten hätten mit scharfer Munition auf die Bevöl­kerung geschossen.

Imam Radzuan, einer der moslemi­schen Kleriker aus Ambon, warnt trotz der Kämpfe davor, von Christenverfol­gung zu reden — ein Schlagwort, das vor allem im Westen durch die Presse gei­stert. „Was hier passiert, hat lokalen Cha­rakter und ist nach unseren bisherigen Erfahrungen atypisch für Ambon."

Auch in Jakarta und Dili auf Osttimor reagierten Vertreter der christlichen Kir­chen mit Verärgerung auf westliche Be­richterstattung, die die Konflikte zwi­schen Moslems und Christen zu einem Religionskrieg hochreden wolle. Beson­ders heftige Kritik richteten sie gegen einen Fernsehfilm, der im deutschen ARD-Programm lief. Schlagwörter wie Christenverfolgung seien dazu ange­bracht, die Situation in Indonesien aufzu­heizen. Die Zusammenstöße zwischen Christen und Moslems seien vor allem eine Folge des wachsenden sozialen Elends, für das viele die chinesische Min­derheit verantwortlich machten. Rein zu­fällig seien viele Christen Chinesen.

Nach den Ausschreitungen auf Ambon flammten Unruhen auch auf der 300 Kilo­meter nordwestlich gelegenen Insel Sanana auf, wie ap ergänzend meldete. Dort seien zwei Menschen verbrannt worden. Auf der nördlich von Ambon gelegenen In­sel Seram gingen zwei Kirchen in Flam­men auf.