Indonesien isoliert Molukken
Ha. SYDNEY, 23.
Juni. Der indonesische Präsident Abdurrahman Wahid hat nach Absprache mit
seiner Stellvertreterin Megawati und dem Chef der Streitkräfte, Admiral Widodo,
am Freitag Reisen auf die Molukken (Gewürzinseln) untersagt. Allein in dieser
Woche sind dort, knapp dreitausend Kilometer nordöstlich von Jakarta, rund
zweihundert Menschen, in der Hauptsache Christen, ums Leben gekommen. Seit
Anfang 1999 hat der blutige Kampf zwischen Muslimen und Christen mehr als
zweitausend Todesopfer gefordert. Zweihunderttausend Menschen sind obdachlos
geworden.
„Auslöser"
der Kämpfe war der Streit zwischen einem muslimischen Busfahrer und einem
christlichen Passagier, seither folgt die Racheaktion einer Glaubensgemeinschaft
auf die vorausgegangene Missetat der anderen. Was Grausamkeit und Unberechenbarkeit
anlangt, steht keine Gruppe der anderen nach. Hatten am Anfang Christen
versucht, muslimische Zuwanderer zu vertreiben, so scheinen letzthin muslimische
Gruppen die Oberhand gewonnen zu haben, jedenfalls auf Inseln wie Halmahera.
Eine entscheidende Rolle spielen die dreitausend Mitglieder der muslimischen
Gruppe „Lashkar Jihad", die den „heiligen Krieg" gegen die Christen
auf ihre Fahnen geschrieben hat. Angeblich will sie sich um zerstörte Moscheen
und Häuser kümmern, ihre Mitglieder aber haben statt Hämmern Macheten und
Gewehre und sind in letzter Zeit führend an den blutigen Zusammenstößen
beteiligt gewesen. Die Glaubenskrieger haben im April ein paar Kilometer außerhalb
Jakartas wochenlang den Kampf geübt. Warum die Regierung ihre Reise auf die
Molukken nicht verhindert hat, ist bis heute ebenso ungeklärt wie das Maß der
Unterstützung, das bekannte Politiker wie Amien Rais, der Sprecher des
Parlaments, der fundamentalistischen Gruppe gewähren.
Ob das Reiseverbot viel nützt, ist fraglich. Die Molukken
bestehen aus einigen hundert Inseln, die von gut bewaffneten Extremisten schon
jetzt mit Schnellbooten angesteuert werden. Die Armee hat 18 000 Soldaten auf
den Gewürzinseln, gibt aber zu, dass sie der Lage mangels Schiffen nicht Herr
werden kann. Immer wieder kommt es vor, dass christliche und muslimische Soldaten
sich auf die Seite .ihrer jeweiligen Glaubensgemeinschaft schlagen. Und es ist
kein Geheimnis, dass indonesische Soldaten und Offiziere, um ihren Sold aufzubessern,
Waffen an den Gegner verkaufen. Waffen für die muslimischen Kämpfer sollen
auch aus den südlichen Philippinen, aus Ost-Timor und Aceh kommen. Und noch gar
nicht abzusehen ist, was der blutige Konflikt für das Verhältnis zwischen
christlicher Minderheit und der Bevölkerungsmehrheit im größten islamischen
Land der Welt bedeutet. Nicht irgendwer, sondern Verteidigungsminister Juwono
Surdasono vermutet hinter den muslimischen Kämpfern wohlhabende Anhänger des
vor zwei Jahren gestürzten Präsidenten Suharto.