Quelle: Roland Dusik : Indonesien
Reise-Handbuch S. 483 - 488
DuMont „Richtig reisen“ 3. Aufl. 1991
Neben den Batak auf Sumatra und den Dayak auf Borneo zählen die Toraja zu den bedeutendsten protomalaiischen Altvölkern Indonesiens. Zwischen 2500-1500 v.u.Z. aus dem südchinesischen Raum eingewandert, siedelten die Toraja wahrscheinlich zuerst an der Küste und wurden von später eintreffenden jungmalaiischen Stämmen, die ihnen zivilisatorisch und kriegerisch überlegen waren, ins Bergland der Insel abgedrängt. Der Begriff To-ri-aja entstammt dem Idiom der in den Küstenniederungen Südsulawesis lebenden Bugis und bedeutet »Menschen im Inneren«. Obwohl gleichen ethnischen Ursprungs, bilden die schätzungsweise 500000-600000 Toraja keine sprachliche und kulturelle Einheit. Ethnologen unterscheiden zwischen einer Ost-, West- und Südgruppe, von denen jede wiederum in Dutzende von Unterstämmen zerfällt. Das Siedlungsgebiet der Ost-Toraja erstreckt sich um den auf Zentralsulawesi gelegenen Poso-See, das der West-Toraja zwischen der Bucht von Tomini und der Makassar-Straße. Der 3600 km2 umfassende Verwaltungsbezirk Tanah Toraja ist die Heimat der
rund 300000 Süd- oder Sadang-Toraja, benannt nach dem Fluss, der ihr Kernland
durchfließt. Noch Ende des vergangenen Jahrhunderts gab es zwischen einzelnen
Stammesgruppen der Toraja häufig kriegerische Auseinandersetzungen. Erst als die
Holländer zu Beginn unseres Jahrhunderts sich daran machten, auch das
Toraja-Land unter ihre Hegemonie zu bringen, schlossen sie sich angesichts der
drohenden Gefahr einer Unterwerfung zum gemeinsamen Widerstand gegen die
Invasoren zusammen. Vergeblich - 1906 war Tanah Toraja erobert, und die
Niederländer begannen mit dem Aufbau ihrer Kolonialverwaltung. Obwohl die
militärische Eroberung und die wenige Jahre später einsetzende christliche
Missionierung der eigenständigen Toraja-Kultur ein Ende bereiteten, haben sich
die sozialen und religiösen Traditionen dieses Volkes in ihren Grundzügen bis
heute kaum verändert. Früher legten die Toraja ihre festungsartigen
Dörfer aus strategischen Gründen auf schwer zugänglichen Hügelkuppen an. Nach
der Unterwerfung durch die Holländer wurden sie gezwungen, sich in Tälern und
Ebenen niederzulassen. Doch nach wie vor ist das Dorf die traditionelle
Siedlungsform der Toraja; im Distrikt Tator gibt es außer dem Verwaltungszentrum
Makale und dem Marktflecken Rantepao keine größeren Ortschaften. Ebenso wie ihre
Vorfahren leben die Toraja heute noch vorwiegend von der Landwirtschaft,
insbesondere vom Nassreisanbau auf terrassierten Feldern, gelegentlich auch von
der Kultivierung von Kaffee. Große Bedeutung kommt der Viehzucht zu, allerdings
werden Schweine und Wasserbüffel in erster Linie als rituelle Opfertiere und
nicht als Fleisch- und Nutztiere gehalten. In ihnen spiegelt sich überdies der
Sozialstatus und der Wohlstand des Besitzers wider. Im Dorf als Fundament der Toraja-Gemeinschaft hat
sich bis zum heutigen Tag eine feudalistische Sozialstruktur erhalten. Noch
immer beruht die streng hierarchisch gegliederte und vom Kastendenken geprägte
Gesellschaftsordnung auf der strikten Unterscheidung zwischen Besitzenden und
Besitzlosen. Von alters her existieren drei soziale Klassen: 1. Der Adel (bei manchen
Toraja-Stämmen untergliedert in Hochadel und mittleren Adel; Tokapua); diesen
Feudalherren, die teilweise noch heute den (inoffiziellen) Titel >König< (Puang)
tragen, und ihren Familien (ca. 5% der Bevölkerung) gehört der größte Teil des
Grund und Bodens.
2. Das einfache freie Volk
(Tomakaka; ca. 25%), die Beamten und Händler sowie die Kleinbauern mit etwas
Landbesitz. 3. Die Besitzlosen (Tobuda; ca. 70 %); dies sind die ehemaligen Sklaven, die sich heute noch, dem Adel verpflichtet, als landlose Tagelöhner, also quasi Leibeigene, verdingen müssen und den Großteil der Arbeitslast zu tragen haben. Noch zu Beginn unseres Jahrhunderts gab es auf
Sulawesi florierende Sklavenmärkte, auf denen die Leibeigenen nach Belieben
verkauft und vertauscht werden konnten. Dieser gewachsenen sozialen Rangordnung
kommt, mehr noch als im Alltagsleben, bei den Begräbniszeremonien eine besonders
große Bedeutung zu. Auch wenn in der Gegenwart das Toraja-Land fest in die
moderne indonesische Verwaltungsstruktur integriert ist, so besitzen die
Toraja-Fürsten trotzdem noch umfassende, wenn auch lokal begrenzte
Machtbefugnisse, die auf dem strengen Gewohnheitsrecht (Adat) basieren. Nur
Mitglieder der Adelsschicht können innerhalb der Dorfgemeinschaft
Führerpositionen (Ambe' Tondok) einnehmen. Im Gefolge der holländischen Kolonialtruppen waren
um die Jahrhundertwende die ersten christlichen Missionare ins Land der Toraja
gekommen. In nur wenigen Jahrzehnten gelang es ihnen, etwa die Hälfte der Toraja
für den Christengott abzuwerben. Die Protestanten waren auf diesem >Kreuzzug<
ganz besonders erfolgreich: Rund 40% der Toraja bekennen sich zum evangelischen,
lediglich 10% zum römischkatholischen Glauben. Etwa 50 % der Toraja setzen dem
Eifer der Missionare weiterhin ihr ungebrochenes Traditionsbewusstsein entgegen
und hängen auch heute noch der altüberlieferten Religion der Vorväter, Aluk
Todolo, an. Ganz abgeschworen haben aber auch die christianisierten Toraja dem
kultischen Erbe und den alten Bräuchen noch nicht. Gerade beim Totenkult mit
seinen blutigen Tieropfern, der bei den Toraja seit jeher eine zentrale Rolle
spielt, sind die Grenzen zwischen den im Toraja-Land praktizierten Religionen
fließend. Aber auch viele andere Rituale, beispielsweise
Fruchtbarkeitszeremonien und Erntedankfeste, die ursprünglich der alten Religion
entstammen, wurden im Laufe der Zeit von den Missionaren übernommen und in die
christliche Glaubenswelt integriert. Ähnlich dem
hindu-balinesischen Glauben beruht die alte Aluk Todolo-Religion der
Toraja auf der Vorstellung, dass jegliche diesseitige und jenseitige Existenz
der Dualität, der Wechselwirkung gegensätzlicher Kräfte, zuzuschreiben sei. Die
Toraja unterteilen das Universum in eine Ober- und eine Unterwelt, in denen
übernatürliche Wesen, gute und böse Geister, leben. Zwar kennen die
animistischen Glaubensvorstellungen der Toraja auch einen allmächtigen und
allgegenwärtigen Schöpfergott (Puang Matua), doch wird das Leben der Menschen in
erster Linie von jenen guten und bösen Geistern (Dewata und Bombo) beherrscht,
wobei sich in den die Natur beseelenden Dewata die zu Gottheiten gewordenen
Ahnen offenbaren. Ihnen müssen ständig, ebenso wie den unheilbringenden Bombo,
nach vorgeschriebenen Regeln Opfergaben dargebracht werden. Ihrem Grundcharakter nach ist die alte Toraja-Religion eine Verehrung der vergöttlichten Ahnen, die sich mit Elementen des Animismus, also dem Glauben an die Beseelung der Umwelt, vermengt. Nicht nur alle Menschen, sondern auch alle Tiere und Pflanzen besitzen eine Lebenskraft bzw. Seelenenergie; besonders viel Substanz konzentriert sich im Büffel und im Reis, den beiden mythischen Brüdern des ersten, von Puang Matua geschaffenen Menschen. In der Vorstellung, dass auch das menschliche Haupt ein hohes Maß an Seelenkraft birgt und dass diese von einem Getöteten auf den Sieger übergehen kann, wurzelte auch die einst von allen Toraja-Stämmen praktizierte rituelle Kopfjagd, die hier allerdings eine geringere kultische und soziale Bedeutung gehabt hat als bei den Batak und Dayak. Kern des alten Toraja-Glaubens ist die Überzeugung vom Weiterleben aller Menschen und Tiere nach dem Tode. Nach dem Ableben verlässt die Seele den Körper und begibt sich auf die Reise nach Puya, in das Reich der Toten. Diese jenseitige Welt ist nicht das Paradies, sondern eine Art von Abbild des Diesseits. Befreit von der körperlichen Hülle setzt die Seele des Verstorbenen in Puya ihr irdisches Dasein fort. Damit die Ahnen nichts entbehren, was ihnen auf dieser Welt gehört hat, und damit sie die Geschicke der Nachfahren wohlwollend lenken, müssen die Toraja ihren Toten rituelle Opfer darbringen. Ausgehend vom Glauben, dass die Seelen der geopferten Schweine und Büffel (die ja hienieden Wertmesser des gesellschaftlichen Prestiges sind) den Toten nach Puya begleiten und ihm auch dort zu Rang und Geltung verhelfen, muss bei der Begräbniszeremonie eine der sozialen Stellung des Toten adäquate Anzahl von Tieren geopfert werden. Noch in nicht allzu ferner Vergangenheit hatten einem verstorbenen Toraja-Adeligen nicht nur Dutzende von Wasserbüffeln und Hunderte von Schweinen in den Tod nachzufolgen, sondern außerdem mehrere Sklaven, um ihrem Herrn auch im Jenseits zu Diensten stehen zu können. Demzufolge bestehen in Puya die Klassenschranken ebenfalls weiter; der arme Bauer bleibt auch im Jenseits, was er auf Erden war, und der Feudalherr bleibt Feudalherr. Die Totenseele kann aber erst dann ins Jenseits eingehen, wenn den nach
dem Adat streng festgelegten Totenritualen genüge getan ist. Werden die
erforderlichen Zeremonien vernachlässigt, so muss die Seele des Verstorbenen
rastlos umherirren und kann dabei die Harmonie des Lebens der Hinterbliebenen
empfindlich stören. Aus diesem Grund nehmen im religiösen wie sozialen Leben der
Toraja aufwendige Bestattungszeremonien (Rambu Solo) einen ganz besonderen
Stellenwert ein. In diesen Totenfeiern, die dem Sozialstatus des Verstorbenen
gemäß nach genau vorgeschriebenen Regeln abgehalten werden müssen, spiegelt sich
die soziale Hierarchie der Toraja am deutlichsten wider. Allein den Angehörigen
des Hochadels gebührt das höchste Totenritual, die meist mit unvorstellbarem
Aufwand durchgeführte Dirapai-Zeremonie. Nicht wenige Toraja haben diese
ungeheure Reichtümer verschlingenden Totenfeiern in den Ruin getrieben. Während
sich die Bestattung eines armen Tagelöhners in aller Stille vollzieht, haben die
Totenfeierlichkeiten für einen verstorbenen Adeligen oft den Charakter eines
Volksfestes, an dem Tausende von Menschen teilnehmen und mitunter bis zu 100
Büffel geschlachtet werden. Vor den eigentlichen Begräbnisritualen, die
erst nach dem Einbringen der Reisernte beginnen (gegen Ende August, Anfang
September), wird der einbalsamierte und in handgewebte Decken gewickelte Tote
oft monate- oder sogar jahrelang am südlichen Ende des Hauses seiner Familie
aufgebahrt. Bei den Toraja gilt ein Verstorbener bis zu seiner Bestattung
lediglich als >krank<; ihm werden beispielsweise von den Frauen, die die
Totenwache abhalten, regelmäßig Mahlzeiten angeboten. Der endgültige Tod tritt
erst mit Abschluss der Totenfeier ein. Die Vorbereitungen für eine große
Begräbniszeremonie erfordern viel Zeit. Die Trauerfamilie muss sich über die
Modalitäten des Festes einigen, Erbschaftsfragen müssen geklärt und Opferbüffel
beschafft werden. Zu den Vorbereitungen gehört auch der Aufbau eines kompletten
Dorfes aus Bambusrohr, in dem die zahlreichen Trauergäste während der
Feierlichkeiten wohnen und das nach dem großen Ereignis für gewöhnlich wieder
niedergerissen wird. Der öffentliche Teil der Beerdigungszeremonie findet meist
auf einem besonderen Festplatz (Rante) statt. Hier erheben sich auch die
Menhire, die dem Gedächtnis bedeutender Stammeshäuptlinge dienen und an die
häufig die zum Opfer bestimmten Wasserbüffel angebunden werden. Ebenso wie die Anzahl der Opfertiere ist auch der Ablauf und die Dauer
des Totenrituals je nach Standeszugehörigkeit genau festgelegt. Am ersten Tag
des Dirapai versammeln sich die schwarz gekleideten Angehörigen im Familienhaus
(Tongkonan). Der Leichnam wird in neue Tücher gehüllt und in einen
zylinderförmigen Holzsarg gebettet, den man schließlich auf einer bunt
geschmückten Empore unter dem Dach des Tongkonan präsentiert. Häufig steht
daneben ein hölzernes Abbild des Toten (Tau Tau). Der zweite Tag, der
Empfangstag, ist der erste Höhepunkt der Zeremonie. Von überall her treffen nun
die Trauergäste ein und ziehen in langer Reihe vor dem Sarg des Toten auf. Die
Hinterbliebenen nehmen hier die Geschenke der Gäste entgegen: Wasserbüffel und
Schweine, Hühner und Reisgarben sowie vor allem in langen Bambusröhren Unmengen
von Balok (Palmwein; in anderen Teilen Indonesiens Tuak genannt). Es wird
sorgfältig Buch geführt über die mitgebrachten Geschenke, denn diese >Schulden<
müssen eines Tages bei gleichem Anlass wieder beglichen werden. Aber auch
Regierungsbeamte sind anwesend, die sich eifrig Notizen machen. Jedes Totenfest
muss bei der Bezirksverwaltung angemeldet werden und für jedes der Opfertiere
sind Abgaben fällig (Rp. 5000 für ein Schwein, Rp. 25000 für einen Büffel).
Mittlerweile hat man Dutzende von Schweinen zur Verpflegung der Gäste
geschlachtet. Die darauf folgende Nacht verbringen die Anverwandten mit
rhythmischen Gesängen und oftmals wilden Tänzen. Wichtiger Bestandteil ist das
Ma'badong, ein Epos zu Ehren des Verstorbenen, bei dem Episoden aus seinem Leben
besungen werden. Am Morgen des dritten Tages kulminiert die Begräbnisfeier in
der rituellen Opferung der Wasserbüffel, wobei jedes der Tiere mit einem
einzigen Schwertstreich (früher meist mit einem Lanzenstich) getötet werden
muss. Unter den Opferbüffeln ist der Tedong Bonga mit seinem hellen, gescheckten
Fell der schönste und wertvollste seiner Art. Diese bis zu 10000 DM teuren Tiere
mit den blauen Augen werden eigens für das Opferritual aufgezogen und müssen
nicht wie ihre Artgenossen in den Reisfeldern ackern. Sobald der Pa'tinggoro,
der »Büffeltöter«, mit einem wuchtigen Hieb die Kehle des Büffels durchtrennt
hat, stürzen kleine Jungen herbei und stoßen Bambusrohre in das klaffende Loch
an der Gurgel, um möglichst viel Blut aufzufangen, das später für die
Zubereitung des Festmahls benötigt wird. Durch den Genuss des Blutes glaubt man,
sich die Kraft des Tieres aneignen zu können. Danach werden die Kadaver
enthäutet, sachgerecht zerlegt und das Fleisch schließlich an die zahlreichen
Festgäste verteilt. Die Reihenfolge bei der Fleischverteilung ist streng vom
sozialen Rang der Beschenkten sowie auch vom Wert der eingebrachten Spende
abhängig. Vor den Ritualopfern veranstaltet man bisweilen Büffelkämpfe, bei
denen die Tiere aber meist vernünftig genug sind, den blutrünstigen Zuschauern nicht
die Freude zu bereiten, sich gegenseitig die Hörner in den Leib zu rammen.
Den Abschluss dieses wichtigsten Tages der Totenfeier (er wird Tomate
genannt) bildet eine große Schlemmerei, bei der auch dem Palmwein ausgiebig
zugesprochen wird. Da nach dem Glauben der Toraja das oftmals leidvolle irdische
Dasein lediglich eine Vorbereitungsphase für das glücklichere Leben im Jenseits,
in den Gefilden der Seligen, ist, stellt eine Begräbniszeremonie ganz und gar
kein trauriges Ereignis dar. Mehr noch, der Tod gilt als der eigentliche
Höhepunkt des Lebens. Am letzten Tag der Dirapai-Zeremonie wird die
hausähnliche Sargsänfte, ein mit herrlichen Ornamenten geschmückter
Miniatur-Tongkonan, zur Begräbnisstätte gebracht. Unter wildem Schreien stoßen
die Träger die Bahre immer wieder in die Höhe und ändern bei ihrem Totenzug
ständig die Richtung - die bösen Geister sollen verwirrt werden, um der Seele
des Verstorbenen nicht folgen zu können. Die Toraja kennen vier Grabtypen bzw. Bestattungsarten: 1. Die Felsengräber (Liang), die in mühevoller Arbeit aus dem harten Gestein senkrecht abfallender Felswände gehauen werden. Von alters her sind diese künstlichen Steinkavernen, ebenso wie auch die natürlichen Karsthöhlen, als letzte Ruhestätte den Adligen vorbehalten. Diese zum Schutz vor Plünderung mit oftmals reich ornamentierten Holztüren verschlossenen Grabkammern bergen meist die Gebeine mehrerer Familienangehöriger. Die eigens für die Bestattung gebauten, wackeligen Bambusgerüste werden sofort nach der Beisetzung wieder entfernt. Den Transportschrein und meist auch den leeren Sarg lässt man für gewöhnlich am Fuße der Felswand stehen, wo sie im Laufe der Jahre vermodern. Neben den Grabkammern befinden sich in den Fels gemeißelte Nischen oder hölzerne Veranden für die Tau Tau. Diese bekleideten Holzfiguren, die oft realistische Züge tragen, sind keine Grabwächter mit einer Schutzfunktion, sondern Effigien, symbolische Abbilder der toten Ahnen, derer sich die Hinterbliebenen ständig erinnern sollen. Mit ihren ausgestreckten Armen und geöffneten Händen fordern sie ihrer Sippe beharrlich neue Opfergaben ab, die Voraussetzung für ein angemessenes Dasein in der jenseitigen Welt sind. Leider sind diese Tau Tau schon lange nicht mehr vor Grabschändern sicher, und die Lücken in den Ahnengalerien werden immer größer. 2. Die Bestattung in hölzernen Särgen (Erong); diese stellt man entweder, oft zu Dutzenden, in größeren Felsgrotten ab, oder man pflockt sie mittels Holzbalken in den Karstklippen fest. Viele dieser zweiteiligen, bootsförmigen Tröge sind im Laufe der Zeit aus ihren »hängenden Gräbern herabgestürzt. Heute bietet sich unterhalb solcher Begräbnisstätten oftmals eine makabere Szenerie aus Sargtrümmern sowie Totenschädeln und anderen Skelett-Teilen. 3. Die relativ modernen Grabhäuser aus Stein (Patane), die oft den traditionellen Tongkonan der Toraja ähneln. 4. Die Baumgräber für Kleinkinder (Pasiliran); dies sind ausgehöhlte Bäume, in denen Kinder, die starben, bevor sie ihre ersten Milchzähne bekommen hatten, bestattet werden. Angehörige der untersten Kaste werden entweder in der Erde verscharrt oder in eine Schlucht geworfen. Neben den rituellen Bestattungszeremonien stellen die traditionellen Wohnbauten der Toraja-Aristokratie (Tongkonan) ein weiteres charakteristisches Merkmal der Kultur dieser protomalaiischen Volksgruppe dar. Mit ihren kühn geschwungenen Satteldächern gehören diese Häuser, die eine stilistische Verwandtschaft sowohl mit Haustypen auf Sumatra als auch auf Neuguinea zeigen, zu den Spitzenleistungen der indonesischen Holzbaukunst. Gewaltige, auf steinernen Sockeln ruhende eckige Holzpfeiler tragen das in drei Räume untergliederte, ohne einen einzigen Metallstift gebaute Wohnhaus, das von einem weit ausladenden Dach in Form eines Schiffsrumpfes überragt wird. Die ungewöhnliche Dachkonstruktion gibt, nach Meinung von Ethnologen, Hinweise auf die Herkunft der Toraja und deutet auf deren Vergangenheit als Seefahrer und Bootsbauer hin. Das mächtige vorspringende Tongkonan-Dach ist auf die großartige Giebelfront hin orientiert und stützt sich auf einen massiven, mit Schnitzwerk verzierten Mittelpfosten. An diesem werden als Symbole der Ahnenverehrung und als Insignien für Prestige und Wohlstand der Familie die Gehörne der geopferten Wasserbüffel aufgehängt. Die traditionelle Dachbedeckung, mehrere Lagen aus gespaltenen Bambusröhren, deren Haltbarkeit beachtliche 50 Jahre beträgt, wird heute aus Kostengründen zunehmend von uniformem Wellblech (Haltbarkeit ca. 10-15 Jahre) abgelöst. Die immer nach Norden hin ausgerichtete Hauptfassade unter dem steil ansteigenden First ist mit geschnitzten und bemalten Ornamenten - meist rein geometrischen Mustern, aber auch stilisierten Menschen- und Tiermotiven - überreich verziert. Auch in der Art dieser Ornamentik spiegelt sich der soziale Stand der Hausbesitzer wider. Die vorherrschenden Farben haben ebenfalls einen symbolischen Charakter: Rot als die Farbe des Blutes und Weiß als die von Fleisch und Skelett symbolisieren das Leben, Schwarz steht für den Tod und Gelb für Sonne und Mond sowie für den Segen der Götter. Die Anlage eines Tongkonan folgt immer einer strengen Ausrichtung von Nord nach Süd. Nach der Toraja-Kosmologie ist der Norden die Sphäre des Lebens, der Süden die des Todes. Als Wohnsitz einer einflussreichen Adelssippe bildet ein Tongkonan stets den Mittelpunkt der sozialen und religiösen Aktivitäten einer Dorfgemeinschaft. Die Häuser von Angehörigen der unteren Schichten unterscheiden sich von den Sippenhäusern der Noblen durch eine wesentlich bescheidenere Bauweise und eine schlichtere Ausstattung. In größeren Dörfern erhebt sich gegenüber der Reihe der Wohnbauten die der Reisscheuern (Alang). Auch die Dächer dieser reich ornamentierten Gebäude, die auf Rundpfählen ruhen und deren Vorderfronten nach Süden ausgerichtet sein müssen, wölben sich nach oben wie Bug und Heck eines Schiffes. Bei den Vorratsspeichern kommt in der Gestaltung der Schmuckornamente sowie in der Größe, Zahl und Höhe der tragenden Holzpfähle ebenfalls eine soziale Differenzierung der Besitzer zum Ausdruck. |