Die Bergvölker des Nordens

(Quelle: Bühler/Kortmann: Vietnam - Reise Know-How 1992 S. 52-53)


Die meisten Bergvölker zählen zur Gruppe der austro-asiatischen Sprachfamilie, die sich wiederum in die Sprachgruppen der Tay/Thai (Tay, Thai, Nung, San Chay, Giay, Lao), Viet/Muong, Meo/ Dao (Hmong, Zao) usf. unterscheiden lassen. Zu grundlegend anderen Sprachfamilien gehören die tibeto-burmesisch sprechenden Ha Nhi, La Hu, Phu La oder Cong im Nordwesten oder die Hau (chinesisch) sprechenden Ngai und San Ziu im Norden.

Name Andere Bezeichnungen
Tay Tho, Ngan, Phen, Thu Lao, Pa Zi
Thai Tay Khao (Weiß), Tay Dam (Schwarz), Tay Muoi
Muong Mol, Moi, Mual, Ao Ta Phu, Yen Bai, Ha Nam Ninh
Nung Xuong, Giang, Nung An
Hmong Meo
Zao Dao, Man, Dong, Trai, Xa
Ngai Xin, Le, Dau Khan Gia
San Chay Cao Lan, San Chi
San Ziu San Zeo, Trai Dat
Tho Keo, Mon, Cuoi, Ho
Giay Nhang, Zang
Kho Mu Xe Cau, Mun Xen, Tenh
Khang Xa Khao, Xa Sua, Xa Ai
Xing Puoc, Pua
Ha Nhi U Ni, Xa U Ni
Lao Lao Boc, Lao Noi
La Chi Cui Te, La Qua
La Ha Xa Khao, Khla Phlao

Tay:

 Die Tay oder Tho siedeln entlang der Nordgrenze zu China und stellen die zahlenmäßig stärkste Minderheit Vietnams (1,2 Mio). In den 40er und 50er Jahren waren sie einer der wichtigsten Verbündeten der Viet Minh. Mehr als die meisten anderen Bergvölker haben die seßhaften Tay vietnamesische Kultur angenommen, stellen Abgeordnete und selbst wichtige Parteifunktionäre und huldigen neben ihren alten Naturgeistern auch buddhistisch-taoistischen Göttern und Dämonen.


Nung:

Die aus Südchina zugewanderten kriegerischen Nung (ca. 750.000), die schon im 11. Jh. mehrfach gegen die Zentralgewalt revoltierten, siedeln heute als seßhafte Bauern und oft in enger Gemeinschaft mit den Tay. Wie diese bauen sie Naßreis, Süßkartoffeln, Mais und Yams sowie Tee, Kaffee, Bambus und Baumwolle an, haben aber auch einen Ruf als Pferde- und Rinderzüchter. Die Nung unterstützten Ho Chi Minh, aber einige Tausend zogen 1954 in den Süden, wo sie berüchtigte Eliteeinheiten der südvietnamesischen Armee stellten.


Thai:

Die auch in Laos, Thailand und Burma weit verbreiteten Thai-Gruppen (1 Mio), die nach der vorherrschenden Farbe ihrer Tracht auch in Weiße, Schwarze und Rote Thai klassifiziert werden, wanderten zwischen dem 11. und 14. Jh. nach Vietnam ein und bevorzugen die mittleren Höhen des Nordwestens und entlang des Roten Flusses. Im Gegensatz zu den Tay und Nung kämpften sie meist als Söldner auf Seiten der Franzosen, die die Rivalitäten unter den einzelnen Völkern weidlich ausnutzten. Obwohl ebenfalls längst seßhaft geworden - außer Reis bauen sie Mais, Maniok, Yams, Tee und Baumwolle an und sind für ihren vorzüglichen Zimt bekannt - haben die Thai ihre alten Sitten und Traditionen vergleichsweise gut bewahren können. Man begegnet ihnen allenthalben auf dem Weg nach Dien Bien Phu, ihre Frauen in schwarzen Hosen oder Wickelröcken erkennt man an den gemusterten Bordüren ihrer leuchtend bunten Blusen. So peinlich sauber und ordentlich wie ihre Kleidung halten sie auch ihre aus Holz und Bambus errichteten Langhäuser - kaum glaublich, denkt man an ihre Brüder und Schwestern jenseits der Grenzen Vietnams.


Muong:

Die Muong (850.000) gelten nach Sprachverwandtschaft, Sitten und Gebräuchen als direkte Nachfahren der vietnamesischen Ureinwohner der Jungsteinzeit und als die ältesten noch lebenden Bewohner des Landes. Ihre Dialekte erinnern stark an das Vietnamesische, ebenso viele ihrer matriarchalischen und halbfeudalen Riten und Gebräuche. Die Muong bauen Naß- und Trockenreis an und besiedeln vornehmlich die Täler und Ebenen des Hügellandes im Nordwesten.


Hmong:

Die Hmong oder Meo (ca. 400.000) wanderten erst im frühen 19. Jh. über Laos und Südchina ein und bevorzugen Höhen weit über 1.000 m. Als passionierte Opiumzüchter wurden sie während des Kriegs von der CIA angeworben, um die US-Truppen zu versorgen und Anschläge gegen den Ho-Chi-Minh-Pfad zu unternehmen. Die Hmong bauen auf Brandrodungsflächen außer Opium vor allem Mais an (die Fruchtfolge soll besonders gute Ergebnisse bringen), züchten Ziegen, Hühner und Schweine und gelten als leidenschaftliche Jäger und Sammler. Im Gegensatz zu den anderen großen Bergvölkern verfügen sie über keine eigene Schrift und halten unbeirrt an animistischen und totemistischen Ritualen fest. Hanoi versucht seit einigen Jahren verstärkt, sie zwecks besserer Kontrolle (Opium, Brandrodung) in tiefergelegenere Gebiete umzusiedeln. Die Hmong-Frauen, denen man auf dem Weg nach Dien Bien Phu begegnet, erkennt man an ihren indigofarbe-nen Trachten und Faltenröcken und ihrem auffallenden Silberschmuck.


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