Vietnam 1: Vorbemerkung


Fotos meiner Reisen nach Vietnam 1991, 1992 und 1993

Neben Indonesien ist Vietnam das Land, das ich am intensivsten bereist habe. Ich besuchte das Land in den Zeiten des Umbruchs, der Tourismus stand gerade an den Anfängen. Somit habe ich ein noch recht 'ursprüngliches' und noch nicht vom Tourismus 'versautes' Vietnam erlebt. Auf 151 Seiten und mit ca. 1600 Bildern habe ich diese Reisen dokumentiert.

Ergänzungen: 2021 habe ich ca. 400 weitere Fotos hinzugefügt, die ich damals (ca. 2006) aus Platzgründen nicht verwertet hatte. Man erkennt sie an dem * hinter der Beschreibung bzw. unter den Bildern. Auf Seite 'Vietnam 91: Hanoi' habe ich einen Artikel von Nam Phuong Thi Doan eingestellt, der dazu durch eines meiner Fotos inspiriert wurde.

Weiterhin gibt es unter 'Rezeption' einen Überblick, welche Reaktionen meine 'historischen' Fotos in Vietnam auslösten.


Persönliche Vorbemerkung:

Vietnam - Welche Erinnerungen werden da in mir wach! Als Student ging man auf die Straße, um gegen den sinnlosen Krieg der USA gegen das vietnamesische Volk zu demonstrieren, Ho Chi Minh wurde für manchPlakat für 'Doi Moi'e zum Idol. 1975 das Kriegsende, 1976 die Wiedervereinigung Nord- und Südvietnams - dann haben viele das Land vergessen. Durch die militärischen Auseinandersetzungen mit Kambodscha 1979 - 1989 war das Land international ziemlich isoliert. Hunderttausende "Boatpeople" verließen auf winzigen Fischerbooten das Land, die Regierung war gezwungen, umfassende Reformen einzuleiten. 'Doi Moi' (= Erneuerung des Denkens) war das Schlagwort - eine vietnamesische Variante der russischen 'Perestroika'. Ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Liberalisierung und Öffnung gegenüber dem Westen brachte erste Erfolge.

In dieser Zeit des Umbruchs besuchte ich 1991 zum ersten Mal Vietnam. Der Tourismus fing gerade erst an (laut Statistik besuchten 1991 ca. 300 000 Ausländer das Land), man konnte nur eingeschränkt auf eigene Faust im Land herumreisen, für die meisten Orte benötigte man Besuchsgenehmigungen. Es gab auch nur das staatliche Reisebüro, Hotels waren noch dünn gesät; in entlegenen Gegenden übernachtete ich in Gästehäusern der Volkskomitees. Die Menschen waren Touristen noch nicht gewohnt, man kannte bisher nur russische Berater, daher hörte ich oft, dass man mich 'Lien Xo" = '(Sowjet)Russe' nannte. In entlegenen Gegenden wurde man erstaunt angeschaut, zum Teil auch mit Erschrecken, manchmal war die Distanz aber auch sehr gering: Kinder, aber auch Erwachsene zupften gerne an den Haaren auf meinen Armen oder wollten meMenschen im Boot auf dem Weg zur Parfümpagodeinen Bart anfassen. In den Dörfern nördlich von Dien Bien Phu war wohl seit der französischen Kolonialzeit kein Europäer mehr vorbeigekommen. Kinder und Erwachsene rannten schreiend weg, wenn ich aus dem Auto stieg.

Ich war sofort eingenommen von der Schönheit der Landschaften und der Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft der Menschen. Keine Ressentiments gegenüber Europäern, aber auch nicht gegen Amerikaner - im Gegenteil: "Wir hoffen, dass auch bald amerikanische Touristen kommen" hörte ich sehr oft (erst 1994 wurde das amerikanische Embargo aufgehoben). Insgesamt herrschte ein großer Optimismus über die Entwicklung im Lande, vor allem die wirtschaftliche. Wirtschaftsbeziehungen gab es bis dahin fast nur mit dem Ostblock, vor allem Russland und China. Aber durch den Zusammenbruch der Sowjetunion war der wichtigste Handelspartner nicht mehr da.

Der Unterschied zwischen Süd- und Nordvietnam war noch deutlich zu spüren. Südvietnam machte einen 'moderneren' Eindruck, es gab mehr Reklame, der Verkehr (Mopeds und Fahrräder) war dichter, die Menschen bewegten sich hektischer. Nordvietnam dagegen wirkte etwas verschlafen, viel ruhiger, die Straßen waren kaum befahren, viele Männer trugen noch den 'Vietcong-Tropenhelm'.

Dass es wirtschaftlich voran ging, war in meinen folgenden Besuchen 1992 und 1993 deutlich zu spüren. Gab es 1991 nur vereinzelt Autos (so gut wie keine Privatwagen), war der Verkehr 1993 auch in Hanoi schon dichter. Einige Straßen wurden bereits für 'Cyclos', die Fahrradrikschas, gesperrt. Während es 1991 in Hanoi fast nur 'Simson'-Mopeds und 'MZ'-Motorräder aus der ehemaligen DDR gab, waren diese 1993 fast ganz verschwunden und durch japanische Modelle ersetzt. 1991 und 1992 war mein Auto in Nordvietnam natürlich ein russischer 'Wolga', 1993 waren sie schon ausgemustert. 1993 notierte ich mir für Hanoi noch folgende Veränderungen gegenüber den Vorjahren: Nachts werden die Straßen heller beleuchtet, es gibt unzählige Videoshops, Schuhputzer bieten ihre Dienste an, Gameboys aus China werden verkauft, in den Straßen sind Bäume gefällt worden, viele alte Häuser werden abgerissen.Kriegsmaterial am 17. Breitengrad

Der Krieg war auch noch allgegenwärtig. Die Tunnelsysteme von Cu Chi und Vinh Moc wurden gerne Touristen gezeigt, in vielen Orten standen noch Panzerwracks, die z.B. als Hühnerstall genutzt wurden. In einem Park in Hanoi waren die Trümmer eines amerikanischen Bombers ausgestellt, und in Khe San lag überall verschossene, aber auch z.T. noch scharfe Munition herum, Metallsammler stapelten Geschosshülsen vor ihren Häusern.

Überall gab es auch Leute, die gut oder einige Brocken Deutsch sprachen. Sie hatten in der DDR gearbeitet oder studiert und schwärmten von der Zeit im damaligen Ostdeutschland. Meine Guides hatten auch in der DDR studiert (einer Jura, einer Pädagogik) und sprachen hervorragend Deutsch.

Im Bong Sen Hotel: Unter der Decke ein großer Ventilator. Sofort Assoziation mit der Anfangsszene im Film 'Apocalypse Now'..... (In der Nacht machte der Propeller sich irgendwie selbständig und drehte sich mit voller Kraft).

Ich sitze im Cafe Givral; seit 1950 gibt es dieses Cafe mit dem schönen Kolonial-Ambiente. Während des Vietnamkrieges diente es den Journalisten als Nachrichtenbörse ('Radio Givral'). Ich komme mit einem anderen Touristen ins Gespräch. Es stellt sich heraus, dass er Amerikaner ist und als 19jähriger 1969 für 1½ Jahre als GI nach Vietnam geschickt wurde. "Was hatten wir eigentlich in diesem Land zu suchen?" fragte er mehrmals. Im Laufe des Gesprächs gesellte sich ein Vietnamese hinzu. Er war Offizier in der Südvietnamesischen Armee, wurde später zu 3 Jahren Arbeits- und Umerziehungslager verurteilt. Ein Freund von ihm, ehemals Fahrer bei der amerikanischen Botschaft, setzte sich zu uns. Er hatte ein Jahr Arbeitslager bekommen. Der Offizier lud uns zu sich nach Hause in einem Vorort Saigons ein. Dort stieß ein weiterer vietnamesischer Veteran zu uns, der gerade seine Ausreisegenehmigung für sich und seine Familie in die USA erhalten hatte. Der Amerikaner und die Vietnamesen tauschten ihre Erinnerungen aus, dazu lief im Hintergrund die Musik der damaligen Zeit: The Doors,  Jimmy Hendrix, E. Clapton, Santana - Apocalypse now....

Mehr als 30 Jahre sind seit meiner ersten Vietnamreise mittlerweile vergangen. Ich hatte immer wieder vor, noch einmal dorthin zu fahren. Durch Bekannte, die vor einigen Jahren in Vietnam waren, erfuhr ich von dem rasanten Wandel, den dieses Land erlebte. Es mag sentimental klingen - aber ich möchte Vietnam so in meiner Erinnerung behalten wie ich es damals erlebt habe. In diesem Sinne sind meine Fotos 'historisch'.

Insgesamt war ich 83 Tage (verteilt auf 3 Jahre) im Land, immer im Juli/August, d.h. der Regenzeit. Es war z.T. sehr unangenehm feucht und heiß, besonders in Hanoi. Dolmetscher und Auto mit Fahrer bekam ich über Vietnam-Tourist, der staatlichen Reiseagentur.

Hier in Kurzform meine Reiseziele:

1991 startete ich in Saigon (offiziell Ho Chi Minh - Stadt, aber die Einheimischen bevorzugten weiterhin den Namen Saigon); von dort ging es mit dem Auto nach Cu Chi, My Tho im Mekongdelta, dann mit einer Turboprop nach Danang. Von hier fuhren wir nach Hoi An und zu den Marmorbergen, dann über den Wolkenpass in die alte Kaiserstadt Hue. Zurück in Danang starteten wir eine Fahrt in südlicher Richtung: My Son, Quang Ngai und My Lai. Mit dem Flugzeug nach Hanoi; weiter mit dem Auto nach Ninh Binh, Cu Phuong Nationalpark, Hoa Lu, Hoa Binh, Ben Duc, Chua Hong, Haiphong, Halong und Halongbucht, Ba Trang, Le Mat.

 

1992 flog ich direkt nach Hanoi. Von dort Flug nach Danang, Fahrt nach Hue, dann nach Quang Tri, entlang des Cam Lo-Rivers vorbei an US-Stellungen des Vietnamkrieges Camp Carroll und Rockpile nach Khe San. Weiter nach Dong Ha zum 17. Breitengrad, der damaligen Demarkationslinie zwischen Nord- und Südvietnam; zum Ort Vinh Moc mit seinem Tunnelsystem, Doc Mieu, zurück nach Hue und Danang. Weiter nach Qui Nho'n, Thap Doi und Nha Trang. Abstecher nach Dalat, weiter nach Buon Ma Thuot, Pleiku, Qui Nhon und zurück nach Danang. Flug zurück nach Hanoi, Fahrt mit einem Jeep nach Son La, Dien Bien Phu, Lai Chau, Sa Pa, Lao Cai und Pho Lu. Zurück nach Hanoi, von dort ins Dorf Dong Ho (Holzschnitt-Tradition).

 

1993 wieder Flug nach Hanoi; Fahrt nach Cao Bang und Lang Son, Hon Gai, Bai Chai und Halongbucht.

 

Meine Darstellung der Reisen beginnt im Süden, führt nach Zentral-Vietnam und endet in Nord-Vietnam.


 

© Hans-Peter Grumpe

Startseite