Kambodscha 1


Vorbemerkung

Eine Reise durch Kambodscha 1994 - Begegnungen mit liebenswerten Menschen, geschichtsträchtig, abenteuerlich und nicht ganz ungefährlich

1975 kamen die Roten Khmer an die Macht und errichteten eine Schreckensherrschaft mit den berüchtigten 'Killing Fields'. Man schätzt, dass ca. 2-3 Millionen Menschen - mehr als ein Drittel der damaligen Bevölkerung - ermordet wurden. Die in Kambodscha nicht sehr geliebten Vietnamesen 'befreiten' dann 1979 das Land.

Angkor Wat

Angkor Wat - die berühmteste Sehenswürdigkeit Kambodschas

Allerdings agierten die Roten Khmer im Untergrund weiter.  Vor allem der westliche Teil Kambodschas war auch noch 1994 unter ihrer Kontrolle. 1993 fanden unter Aufsicht der UN die ersten freien Wahlen statt. Sihanouk wurde wieder König.

[Wer sich weiter informieren möchte: Hier finden sich Artikel aus Zeitschriften und Zeitungen, die sehr hautnah über die Zeit der Roten Khmer (1975-1980) und die Situation 1994 berichten]

Vor diesem Hintergrund unternahm ich also im Juli 1994 (Regenzeit) meine Reise, wie immer mit Guide und Fahrer. Hätte ich vorher gewusst, was mich erwartete, wäre ich vermutlich nicht gefahren.

Minen-Warnschild

1994 besuchten nur ca. 170 000 Ausländer Kambodscha (2006 waren es 1,5 Millionen). Der Tourismus steckte erst in den Anfängen. Viele Gebiete vor allem um Angkor waren nicht bereisbar; nach Angkor selbst konnte man nur fliegen, der Weg über den Tonle Sap oder die Straße war zu gefährlich. Um Angkor war es ratsam, auf den Wegen zu bleiben, überall lagen noch Minen, und die roten Warnschilder waren allgegenwärtig. Auch lief noch viel bewaffnetes Militär herum. Dafür hatte ich Angkor Wat fast für mich alleine.

 

Auf der Straße von Phnom Penh nach Kampong Soam (Sihanoukville) fuhr mein Fahrer mit wahnsinniger Geschwindigkeit (120-130, für die Straßenverhältnisse eigentlich unmöglich). Als ich ihn bat, langsamer zu fahren, erklärte er mir nach einigem Zögern, dass hier immer wieder Banditen auftauchten und Autos ausraubten. Erst später erfuhr ich, dass diese Banditen Rote Khmer waren. Außerdem warf mein Guide hin und wieder buchstäblich Geld aus dem Fenster - das wäre für die Soldaten, die die Straße bewachten.

 

Als wir am 13.7. nach Kampot fahren wollten, war unsere Fahrt bei Phumi Chhuk zu Ende: Reguläre Armee und Rote Khmer lieferten sich bereits seit 4 Stunden ein Gefecht. Man hörte deutlich Schießen und Geschützdonner. Schleunigst entfernten wir uns von diesem Ort. Erst später erfuhr ich, dass etwa zur gleichen Zeit 3 Touristen aus einem Zug von Phnom Penh nach Sihanoukville von den Roten Khmer entführt und später ermordet worden waren. Vermutlich hing dieses Gefecht noch mit diesem Ereignis zusammen.

Eine weitere Episode aus dem Nordosten, der Provinz Ratanakiri: Von Stoeng Treng nach Kracheh (Kratie) sind es etwa 160 km. Für diese Strecke benötigten wir mit einem Jeep ca. 10½ Stunden. Etwa alle 5 km gab es Militärposten. Diese lagen versteckt im Dschungel, man erkannte sie nur an einem schrägen Stock, an einer an einem Baum hängenden Jacke oder Tuch. Die Posten selbst waren nicht zu sehen. Überall stoppte mein Fahrer und verschwand mit Zigaretten und Geld im Wald. Als ich einmal mitging, bot sich mir folgendes Bild: Die Soldaten lagen in Hängematten, die Kalaschnikow im Arm, der Führer winkte gnädig den Fahrer heran, der näherte sich devot und überreichte dem Chef umgerechnet etwa 2 US-$. Nun waren aber die Posten manchmal so versteckt, dass auch der Fahrer die Hinweiszeichen übersah. Ein Feuerstoß aus einer Kalaschnikow über unsere Köpfe hinweg erinnerte dann daran, dass wir etwas übersehen hatten. An einer Stelle erschien plötzlich eine Gruppe Soldaten, bewaffnet mit Kalaschnikows, Maschinengewehr, Gewehrgranaten, Panzerfäusten u.ä.  und verlangten, mitgenommen zu werden. Normalerweise passen in einen Jeep 5-6 Personen, mit den Soldaten waren wir schließlich 13! Einer setzte sich auf die Motorhaube, das Maschinengewehr kam aufs Dach, die anderen hingen außen am Wagen, für mich eine unheimliche Situation. Über eine Stunde hatten wir diese nette Gesellschaft. Unterwegs sprangen sie einmal ganz plötzlich ab und ballerten wie wild vor uns in den Wald hinein. Irgendwann verschwanden sie dann im Dschungel. Wir konnten wieder aufatmen.

Ähnliches passierte dann noch einmal mit einem Schiff auf dem Mekong: Von Kracheh nach Kampong Cham fuhren wir mit einem kleinen regulären Schiff. An den unmöglichsten Stellen hielt das Boot am Ufer, ein Mann mit dickem Geldbündel stieg aus und verschwand im Wald. Oft ließen sich die Soldaten direkt am Boot blicken. Auch hier wurde einmal hinter uns hergeschossen; anscheinend hatte der Bootsführer einen Posten übersehen. Die Maschine wurde sofort gestoppt, das Boot fuhr zurück, und der Posten wurde bedient.

Das Schicksal meines Guides, einem jungen Angestellten des offiziellen Touristenbüros, erfuhr ich nebenbei: Erst im Jahr zuvor (1993) war er aus einem Flüchtlingslager in Thailand zurückgekehrt. Dorthin konnte er mit seiner Mutter fliehen. Sein Vater und sein Bruder wurden von den Roten Khmer umgebracht. Mein Fahrer hatte ähnliches erlebt: Als 12jähriger konnte er sich auch nach Thailand durchschlagen; der Grund: als der Hunger so groß wurde, dass man beschloss, ihn zu 'braten', weil er etwas korpulenter war (Kannibalismus hat tatsächlich stattgefunden), ergriff er die Flucht. 

Trotz dieser 'Unannehmlichkeiten' möchte ich die Reise nicht missen. Die Menschen waren dem Fremden gegenüber sehr aufgeschlossen, liebenswert und gastfreundlich, die Sehenswürdigkeiten (vor allem Angkor) überwältigend.

Meine Reise startete in Phnom Penh. Von dort flog ich nach Siem Reap und besuchte dort die Ruinen von Angkor. Zurück in Phnom Penh flog ich nach Stoen Treng, von da aus ging es mit einem Jeep nach Bong Long nahe der vietnamesischen Grenze. Mit Jeep und Schiff fuhr ich über Kracheh und Kampong Cham zurück nach Phnom Penh. Zwei Abstecher mit dem Auto führten mich nach Kampong Saoum (Sihanoukville), Kampot und Takev.

Auf 83 Seiten und mit ca. 910 Bildern habe ich diese Reise dokumentiert. Viel Freude beim betrachten!


 

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