Zwangsarbeiter aus Belgien - 1


Arbeitsverteilungslager Meschede


Dass in Meschede neben den Kriegsgefangenen auch deportierte Zwangsarbeiter interniert waren, erfuhr ich durch Edward 'Chille' Michiels aus Boutersem in Belgien. 2014 - Hundert Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges - kam ich mit ihm in Kontakt. Für sein Buch "Opgeëiste en Weggevoerde Werkkrachten uit Boutersem tijdens de Eerste Wereldoorlog" (Boutersem Nov. 2014) benötigte er Fotos vom Lager Meschede, die ich ihm zur Verfügung stellen konnte. Im November 1916 wurden aus seinem Heimatort Boutersem 184 Männer (der Jüngste erst 17 Jahre alt) als Arbeitssklaven nach Deutschland deportiert. Sie kamen alle zunächst in das Lager Meschede, von dort wurden sie zur Zwangsarbeit in Fabriken, Bergbau, Landwirtschaft etc. geschickt. Er erlaubte mir, Teile seines Buches auf meinen Webseiten zu verwenden.

Die Einziehung von immer mehr Männern zum Kriegsdienst verursachte in Deutschland einen erheblichen Arbeitskräftemangel, vor allem in der Industrie und Landwirtschaft. Außerdem hatten zu Beginn des Krieges ca. 400.000 ausländische Arbeiter Deutschland verlassen. 1916 forderten Vertreter der Großindustrie, dass aus dem widerrechtlich besetzten Belgien der kriegswichtigen Industrie Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt wurden. "Öffnen Sie das große Menschenbassin Belgien" forderte Carl Duisberg, der Generaldirektor der Bayer-Werke Leverkusen.

Zunächst versuchte man, Arbeitslose zu rekrutieren. Im besetzten Belgien gab es ca. 600 000 Menschen, die arbeitslos und von der Wohlfahrt abhängig waren. E. Michiels: "Diese Arbeitslosen wurden von den Deutschen als angebliche Arbeitsverweigerer abgestempelt. Das Wort 'arbeitslos' stand für die Deutschen gleichbedeutend mit 'arbeitsscheu' oder 'faul'.... Anfänglich wurden Arbeitslose durch groß angelegte Werbekampagnen in der von Deutschen kontrollierten Presse angeregt, freiwillig nach Deutschland zu gehen. In allen Meldeämtern wurden Broschüren der Deutschen Industrie verteilt, in denen die belgischen Arbeiter aufgerufen wurden, nach Deutschland zum Arbeiten zu gehen. In diesen Broschüren gaukelte man den Freiwilligen eine 'würdige Existenz', gute Arbeitsbedingungen, 'komfortable freie Unterkunft' und gratis Kleidung, hohe Löhne und reichlich Verpflegung vor. Sie sollten damit auch ihre Familien zu Hause unterstützen." (S. 43)

Es gelang aber trotz aufwändiger Propaganda bis Ende 1916 nur ca. 30000 Freiwillige zu finden. So begann man, belgische Männer für die deutsche Industrie zwangszuverpflichten.

 

 


 

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