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Usbekistan 4 |
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Tīmūr bin Taraghay Barlas
(Mitteltürkisch: تیمور - Temür, „das Eisen“), in der abendländischen
Geschichtsschreibung besser bekannt als Tamerlan (* 8. April 1336 in Kesh, heute
Shaxrisabz; † 19. Februar 1405 in Schymkent) war ein
zentralasiatischer Eroberer am Ende des 14. Jahrhunderts und Gründer der
Timuriden-Dynastie in Persien und Transoxanien. Aufgewachsen in den nomadischen
Stammeskonföderationen des Ulus Čaghatay, strebte er die Wiederherstellung des
Mongolischen Reiches an. Timurs Herrschaft war gezeichnet durch Brutalität und
Tyrannei. Gleichzeitig ist er aber auch als großzügiger Förderer von Kunst und
Literatur bekannt.
Name:
Timur wird in einigen persischen Quellen pejorativ als Timur-e Lang („Timur, der
Gelähmte“) bezeichnet. Aufgrund einer Verwachsung an der rechten Kniescheibe
(Knochentuberkulose lt. sowj. Forschern) war er von einer Lähmung des rechten
Beines betroffen, dazu kam eine Verwachsung an der rechten Schulter, des
Weiteren hatte ein Pfeilschuss die Beweglichkeit der rechten Hand eingeschränkt,
wie sowjetische Wissenschaftler bei einer Untersuchung des Skelettes im Jahre
1941 bestätigten. „Timur der Lahme“ wurde in Europa zu dem hier gebräuchlichen
Namen Tamerlan verkürzt. Selbst bezeichnete er sich als gurkāni,[1][2] als
„Schwiegersohn“, und deutete somit auf seine Heirat in die Familie Dschingis
Khans, um so seine Herrschaftsansprüche weiter zu untermauern.
Herkunft und Aufstieg:
Timur entstammte dem im 13. Jahrhundert in Transoxanien eingewanderten
mongolischen Nomadenstamm der Barlas,[3][4][5] welcher jedoch mit der Zeit eine
türkische Sprache angenommen hatte und von den türkischen Nomaden Zentralasiens
nicht mehr zu unterscheiden war. Daher werden die Barlas in der Literatur auch
manchmal als „Barlas-Türken“ bezeichnet.[6][7][8] Der Stamm der Barlas teilte
sich in mehrere Zweige auf und Timurs Vater Taragai beherrschte als
Stammesfürst[9] die Gegend um Kesch und das Tal des Flusses Kaschkadarja. Die
Barlas führten ihre Abstammung auf Qarchar Barlas zurück, einen militärischen
Führer in Tschagatais Armee,[5] und über diesen - wie einst auch Dschingis Khan
- auf einen legendären mongolischen Kriegsherren mit dem Namen Bodon'ar Mungqaq.[4]
Die Kindheit Timurs liegt weitgehend im Dunkeln und wurde später nach seinem
Aufstieg stark mythologisiert. Es ist bekannt, dass seine Mutter Tikina-Chatun
sehr früh starb und dass er drei Brüder und zwei Schwestern hatte.
Als Heranwachsender trat Timur in die Dienste des Emirs Kazagan (1346–57), eine
damals durchaus übliche Laufbahn von Kindern des niederen Adels, und er verblieb
dort mehrere Jahre. Er nahm auch nach der Ermordung Kazagans durch einen Rivalen
an den Bürger- und Stammeskriegen in Transoxanien aktiv teil und versuchte durch
etliche Intrigen und ständigen Positionenwechsel zwischen dem 1360 in diese
Gegend eingefallenen Mongolenherrscher Tughluq Timur († 1363) und Hadji Barlas,
seinem Onkel, der den Widerstand gegen die Mongolen anführte, seine Machtbasis
zu erhalten. 1361 fiel Tughluq Timur noch einmal in Transoxanien ein. Hadschi
Barlas floh und kam auf ungeklärte Art und Weise um. Timur, der sich als Erster
der Macht des Mongolenfürsten unterwarf, erhielt von ihm einen Beraterposten bei
seinem Sohn und neuem Herrscher von ganz Transoxanien Ilias Hoja. Timur hatte
versucht, die Macht an sich zu reißen, jedoch überschätzte er seine Popularität
und sein Auflehnungsversuch wurde im Keime erstickt. Er musste fliehen und fand
bei seinem Schwager Hussain, dem Enkel Kazagans, einen Unterschlupf. Da aber
Hussain auch über keine ausreichende Machtbasis verfügte, zogen die beiden in
Begleitung weniger Soldaten in der Gegend umher, bevor sie sich entschlossen, in
Choresm um Hilfe zu ersuchen. Auf dem Weg dorthin wurde ihre Abteilung in einer
Schlacht fast vollständig aufgerieben und Timur geriet in Gefangenschaft in der
Nähe der Stadt Merw. Jedoch bald war er wieder frei und sammelte um sich einen
Haufen von Abenteurern und Söldnern, die zu einem Schrecken des ganzen
Transoxanien wurden.
1363 gelang es Timur und Hussain, die Truppen des Ilias Hoja zu schlagen und in
die Stadt Kesch einzuziehen. Im gleichen Jahr gelang es ihnen, den mittlerweile
zum Khan aufgestiegenen Ilias Hoja noch einmal zu besiegen. Er floh in sein
östliches Stammland Mogulistan. Timur, der selbst keine gesetzliche Legitimation
besaß, musste akzeptieren, dass von den versammelten Adeligen ein Nachfahre
Dschingis Khans namens Kabul Khan zum obersten Herrscher von Transoxanien
gewählt wurde.
Jedoch bereits zwei Jahre später wurden die transoxanischen Truppen vom
wiedererstarkten Ilias Hoja in einer Schlacht in der Nähe Taschkents vernichtend
geschlagen. Die Mongolen besetzten große Gebiete und belagerten erfolglos
Samarkand. Ilias Hoja wurde wenig später von einem Rivalen umgebracht und die
Mongolen zogen sich zurück. Jedoch sah Timur sich starker Rivalität seines
Schwagers Hussain ausgesetzt, der jetzt die Macht übernahm und musste wiederum
das unstete Leben eines Flüchtlings führen. Nach mehreren Scharmützeln und
kleinen Auseinandersetzungen gelang es Timur, eine starke Armee aufzustellen. Er
besetzte Baktrien und zog den Herrscher von Badachschan auf seine Seite. Kurz
darauf stand seine Armee vor den Mauern von Balch. Hussain, der von seinen
Getreuen verlassen wurde, unterwarf sich und ging als Pilger nach Mekka. Auf dem
Weg dorthin wurde er mutmaßlich auf Befehl von Timur umgebracht. Am 10. April
1370 hatte sich Timur zum Herrscher von ganz Transoxanien ausgerufen und nahm
den Titel eines Emirs an.
Merkmale seiner Herrschaft:
Timur heiratete in das Haus Tschagatais, d. h. die Familie Dschingis Khans ein
und wollte allem Anschein nach dessen Reich unter dem Vorzeichen des Islam
erneuern. Das hinderte ihn aber nicht daran, die Muslime massakrieren zu lassen
oder gegen die Herrschaften der Dschingisiden vorzugehen. Dieser scheinbare
Widerspruch wird erklärbar vor dem Hintergrund seiner Heimat: Der Respekt vor
der mongolischen Tradition war ungebrochen und ein Maßstab der Politik, selbst
wenn dem mongolischen Recht längst das islamische Recht gegenüberstand und die
Dschingisidenprinzen selten besondere Persönlichkeiten darstellten. Ein Khan
wurde Timur Lenk daher nie, er hatte stattdessen zwei Khane aus dem Haus
Tschagatai zu seiner Legitimation eingesetzt. Als „Emir“ beanspruchte er
allerdings aufgrund der Heirat mit Sarai Mulk den Titel Gurgani (benutzt im
Sinne von „Königlicher Schwiegersohn“, mongolisch: güregen - „Schwiegersohn“).
Der Herrscher versuchte sowohl der traditionellen Lebensweise der Nomaden als
auch der Stadtkultur gerecht zu werden. Das lag schon allein darin begründet,
dass sich seine Macht sowohl auf turkomongolische - als auch in zunehmenden Maße
auf iranische Truppenverbände (besonders aus Khorasan) stützte, und eine
persisch geprägte Verwaltung. Er vollendete die Islamisierung der in
Zentralasien eingewanderten Mongolen, die allerdings schon unter Tarmaschirin
ihren Höhepunkt erlebt hatte. In der Theorie galt in seinem Reich die
mongolische Jassa, in der Praxis eher die Schari'a, das islamische Gesetz.
Persönlich war er von einer volkstümlichen Frömmigkeit, die sich damals in
Derwischorden und Qalandaren niederschlug, und wurde auch zu Füßen eines
Derwischs begraben. Er gilt als Sunnit, aber das Verhältnis ist widersprüchlich,
denn in Syrien trat er als Schirmherr der Schia auf. Zudem hielt er an
turkomongolischen Traditionen fest, auch wenn sie mit der Schari'a im
Widerspruch standen.
Der Emir schuf eines der größten und kurzlebigsten Reiche, die jemals in
Mittelasien existierten. Dabei erlangte er den Ruf eines skrupellosen Eroberers,
der die Bevölkerung in den eroberten Gebieten und Städten zu hunderttausenden
ermorden (u. a. in Indien und Georgien) und Aufstände gnadenlos unterdrücken
ließ. Beispielsweise wurden bei der Eroberung von Isfahan 1387 laut Hafiz-i Abru
28 Schädeltürme auf einer Stadtseite gezählt, so dass man durchaus von einer
Zahl von 70.000 Toten ausgehen kann. In der Stadt Isfizar ließ er z. B. 2000
Menschen lebendig einmauern.
Trotz seiner die Mongolen übertreffenden Bestialität gibt es ein gewisses
System: Die Spitzen der städtischen Aristokratie wurden für gewöhnlich
verschont, die Geistlichkeit sowieso, man verzeichnet Verhandlungen um
Freikaufpreise, Tributeintreibungen und (seltener) sogar Requisitionsscheine.
Timur hatte hier offensichtlich die Absicht, das im 13./14. Jahrhundert
versunkene wirtschaftliche und kulturelle Niveau Transoxaniens durch eine Flut
an gestohlenen bzw. entführten Tieren, Waffen, Lebensmitteln, Gebrauchsgütern,
Theologen, Gelehrten und Handwerkern zu heben.
Den Zerstörungen seiner Soldaten steht auch eine Förderung städtebaulicher
Maßnahmen gegenüber, allerdings beschränkt auf einige wenige transoxanische
Städte, und sogar eine gelegentliche Wiederherstellung zerstörter
Bewässerungsanlagen. Wirtschaftliche Planungen lassen sich aber nicht erkennen.
Das „Zentrum der Welt“ – seiner Welt: Samarkand, Buchara, Kesh – wurde
prachtvoll ausgebaut. In Mittelasien entstand in der Folge ein eigener (der
timuridische) Architekturstil (Gur-e Amir, Bibi Chanum-Moschee usw.). Persien (Khorasan)
war für ihn dabei offenbar Inbegriff aller Kultur, denn der persische Geschmack
war vorherrschend. Die Hauptstadt war Samarkand im heutigen Usbekistan. Dort
empfing er unter anderem eine spanische Gesandtschaft unter Clavijo und
wechselte Gesandtschaften mit Ming-China, letzteres um sich in seinen
unablässigen Kämpfen den Rücken freizuhalten.
Überblick der
Eroberungen:
Seit 1380 begann er die Eroberung des Südens von Khorasan, Mittel- und
West-Persiens und des Irak, wobei die lokalen Dynastien wie die Kartiden,
Sarbadaren, Muzaffariden und Dschalairiden beseitigt wurden. Bereits 1394
kontrollierte Timur ein Gebiet, das sich von Teilen des heutigen Iraks mit
Bagdad, Iran (das damalige Persien), Aserbaidschan, Usbekistan, Armenien und
Georgien erstreckte. Im Osten erreichten seine Truppen über das restliche
Tschagatai-Gebiet in Moghulistan die Grenze zur Mongolei (ca. 1389). Sein Reich
zerfiel bald infolge von Nachfolgestreitigkeiten.
In den Jahren 1391 und 1395 errang Timur entscheidende Siege über die Mongolen,
deren Reich danach unaufhaltsam zerfiel. 1398 eroberte er Delhi, 1401 fielen
Damaskus sowie Bagdad in seine Hände und 1402 besiegte er -zu dem Zeitpunkt
schon fast blind- den Osmanen-Sultan Bayezid I. bei Ankara, wo dessen Truppen
zum Teil überliefen. Bayezid wurde gefangen und Timur wurde nun auch in Europa
„berühmt“.
Entscheidend dabei ist, dass Timur außerhalb seines Kernlandes keine geregelte
Verwaltung hinterließ, d. h. er setzte einige seiner Nachkommen als Fürsten in
Persien und Mittelasien ein, beließ aber die Gebiete in Südrussland und
Moghulistan bei mongolischen Prinzen und machte auch keine Anstalten zur
Verwaltung des Vorderen Orients. Die Statthalterposten im Kernland, d. h. in
Iran und Transoxanien waren uneinheitlich bemessen und organisiert. So gab es
große und kleine Statthalterschaften, erblich oder auch nur auf Zeit verliehen,
steuerbefreit oder auch nicht. Die Organisation ließ dem Herrscher auch
weitreichende Eingriffsmöglichkeiten offen, z. B. indem den Statthaltern nur
kleine Kontingente der jeweils ausgehobenen Truppen unterstellt wurden. Kurz:
die Qualität der Verwaltung war ausbaufähig, aber als Ersatz für derartige
Maßnahmen diente ihm die Furcht vor dem massiven Terror, mit dem die
Unterworfenen im Falle einer Auflehnung zu rechnen hatten.
Als ein letztes Problem sah Timur seine allerdings unbedeutende
Vasallen-Stellung gegenüber dem Kaiserreich China der Ming-Dynastie, dem er eine
Zeitlang Tribut hatte zahlen müssen. 1405 brach er mitten im Winter zum Feldzug
nach China auf, starb aber in der Nähe des heutigen Schymkent in Kasachstan nach
einem mehrtägigen Alkoholexzess. Er wurde in Samarkand bestattet, sein Mausoleum
Gur-e Amir ist eines der bedeutendsten Architekturdenkmäler dieser Zeit.
Timur und die Goldene Horde:
Der Konflikt mit der Goldenen Horde unter Toktamisch prägte während vieler Jahre
die Politik Timurs und stellte für diesen eine ernst zu nehmende Herausforderung
dar. Toktamisch erschien zum ersten Mal in Samarkand 1376, jedoch nicht als
Gegner, sondern als Bittsteller. Da seine Thronambitionen von Urus Khan
vereitelt wurden, suchte Toktamisch Timur auf, ihm zu seinem Erbe zu verhelfen.
Toktamisch bekam sehr schnell die von ihm erbetenen Truppen und griff die
Goldene Horde an, wurde jedoch von Urus Khan vertrieben. Dann nahm Timur den
Kampf selbst auf und ging im Winter 1376/1377 gegen Urus Khan mit großem Erfolg
vor. Urus Khan wurde in einer Schlacht irgendwo bei Otrar vernichtend geschlagen
und verstarb bald darauf. Somit bekam Toktamisch die Macht in der Goldenen Horde
nur dank der tatkräftigen Unterstützung Timurs.
Zehn Jahre später, 1387 erschien Toktamisch wieder an der Grenze zu Transoxanien,
diesmal allerdings mit einem starken Heer. Da Timur sich zu diesem Zeitpunkt in
Karabach befand und auf einen Überfall nicht vorbereitet war, hatte er kaum
Truppen, um Toktamisch aufzuhalten. Sein Sohn, Miran Schah, kam ihm noch
rechtzeitig zur Hilfe, und Toktamischs Truppen wurden vernichtend geschlagen.
Timur befahl, entgegen den Gepflogenheiten der Zeit, die Gefangenen zu schonen
und sie in ihre Heimat zu entlassen. Damit wollte er ein ostentatives Signal an
die Goldene Horde senden und ihr zeigen, dass er kein Feind der Tschingisiden
sei.
Toktamisch ließ aber nicht locker. Bereits im Winter 1388/1389 erschien sein
Heer, das in sich die ganze Völkervielfalt der Goldenen Horde vereinigte
(darunter sogar Kaukasier, Russen und Bulgaren), wieder an den Grenzen von
Timurs Reich. Im Januar 1389 kam es zur Entscheidungsschlacht in der Nähe von
Chodschent. Die mit äußerster Härte geführte Schlacht wurde durch das
unerwartete Eingreifen eines der Söhne Timurs, Omar Scheichs, entschieden, der
die Nachhut des Gegners aufrieb und ihn in Panik versetzte. Die Truppen
Toktamischs flohen und zerstreuten sich in alle Himmelsrichtungen.
Dieser Überfall zeigte Timur deutlich, dass er die Bedrohung durch seinen
früheren Schützling ernst nehmen muss. Er konnte nicht mehr gefahrlos seine
Macht in Iran und Afghanistan konsolidieren, da er mit ständigen Überfällen
durch Toktamisch während seiner Abwesenheit rechnen musste. Um diese Bedrohung
ein für allemal zu beseitigen, bereitete sich Timur zu einem Feldzug gegen
Toktamisch und führte ihn im Jahr 1391 aus. Er beschloss, die Steppengebiete so
schnell wie möglich zu überqueren und seinen Gegner zu einer
Entscheidungsschlacht zu zwingen. Ganze drei Monate bewegte sich sein Heer durch
die Weiten der kasachischen Steppe, immer bestrebt, die Spuren der Nomaden zu
finden. Timurs Armee erreichte das Gebiet des heutigen Tobolsk, wo sie sich dann
in Richtung Nordwesten bewegte. In dieser Gegend, die im heutigen Sibirien
liegt, wurden die Armeen aus Mittelasien zum ersten Mal mit dem Phänomen des
Polartages konfrontiert, so dass die Mullahs das Abendgebet vorübergehend
aussetzten. Nach fast viermonatiger Suche gelang es Timurs Sohn Omar Scheich,
den Feind in der Nähe des Flusses Kundurtscha westlich des Urals zum Kampf zu
stellen. Timurs Hauptstreitmacht erschien wenige Stunden, nachdem der Kampf
ausgebrochen war. Die Schlacht dauerte mit mehreren Unterbrechungen drei Tage
lang, vom 19. bis 21. Juni 1391, und endete mit vollständiger Niederlage
Toktamischs, der vom Schlachtfeld floh.
Jedoch erwies sich Toktamisch als ein zäher Gegner. Unterstützt vom Moskauer
Fürsten Wassili erschien Toktamisch 1395 im Nordkaukasus, wo zu dieser Zeit
Timurs Truppen damit beschäftigt waren, georgische Fürsten zu unterwerfen.
Toktamischs Plan bestand darin, die erst vor kurzem von Timur eroberten Gebiete
von Aserbaidschan auf seine Seite zu ziehen und sich dadurch eine
Operationsbasis zu schaffen, von wo aus er in Verbindung mit Mameluken treten
wollte. Nachdem er angefangen hatte, Schirwan zu belagern, floh Toktamisch,
sobald er von Timurs Herannahen gehört hatte, und stellte sich erst am 15. April
1395 nördlich des Flusses Terek zur Schlacht. Die Schlacht war blutig, den
Nomaden gelang es, Timur zu umzingeln, der sich selbst verteidigen musste und
erst durch die Aufopferung seiner Leibgarde, die fast ausnahmslos im Kampf
umkam, aus der Not gerettet wurde. Toktamisch verlor die Schlacht und mit ihr
endgültig seine Machtstellung in der Goldenen Horde. Er floh nach Litauen.
Timurs Truppen plünderten im Wolgadelta und zerstörten Sarai, die Hauptstadt der
Goldenen Horde.
Vermächtnis:
Die Person und Politik Timur des Eroberers vereinigte Gegensätze in sich, die
sorgsam gegeneinander abgewogen werden müssen. Er war in erster Linie ein
zentralasiatischer Militärführer und selbst für damalige Maßstäbe ein grausamer
Zerstörer, aber nicht ohne kulturelle Interessen und geistige Bildung. Er konnte
weder lesen noch schreiben, beherrschte aber die osttürkische und die persische
Sprache und bediente sich beider, pflegte auch den Umgang mit Vertretern des
geistigen Lebens (z. B. Gespräche mit Ibn Chaldun). Das Empfinden für die
Notwendigkeit einer längerfristig orientierten Verwaltung scheint bei ihm nicht
sonderlich ausgeprägt gewesen zu sein. Daraus resultierte die Schwäche seiner
Dynastie: die Herrschaft war eine private Verfügungsgewalt und konnte auf
militärischem Wege angefochten werden, was gleich nach seinem Tod passierte.
Sämtliche Bemühungen Timurs hoben das Niveau Transoxaniens nur einige
Generationen hindurch, denn letztlich wogen die Zerstörungen der Nachbarländer
schwerer und hatten zur Folge, dass das Europa der Renaissance mit der
islamischen Welt gleichzog. Das alte Konstantinopel, Hort der antiken Kultur,
bekam eine Atempause vor der osmanischen Eroberung, und auch Moskau wurde durch
Toktamischs Niederlage mittelfristig vom Druck der Goldenen Horde befreit. Die
Denk- und Lebensweise der Nomaden übte einen erneuerten Einfluss im Iran aus,
wie man an der mangelhaften Staatsorganisation der Turkmenen im Verlauf des 15.
Jh. sehen kann. Trotzdem war die von Timur begründete Dynastie der Timuriden
nicht glanzlos: sie verzeichnete Persönlichkeiten wie den Astronomenprinz Ulug
Beg (gest. 1449) und herrschte bis Anfang des 16. Jahrhunderts in Transoxanien
(bis 1500/01) und Khorasan (bis 1507). Timurs Urenkel Zaher ud-Din Muhammad
Babur gründete 1526 das Mogulreich in Indien.
Aber auch darüber hinaus diente Timur zur historischen Legitimation
unterschiedlicher Herrscher. Er gilt trotz aller Verbrechen und trotz seines
eingeschränkten politischen Weitblicks im heutigen Usbekistan als eine Art
Nationalheld.
Timur ist immer wieder musikalisches Sujet gewesen: Georg Friedrich Händel
schrieb die dramatische Oper Tamerlano (Libretto von Nicola Francesco Haym),
Rudolf Nelson die Musik und Kurt Tucholsky den Text zu einem gleichnamigen
Kabarett-Song („Mir ist heut so nach Tamerlan zu Mut – ein kleines bisschen
Tamerlan wär gut“).
Nach dem Besuch des Mausoleums Gur-e Amir in Samarkand schrieb der polnische
Dichter Władysław Broniewski ein Antikriegsgedicht „Grób Tamerlana“ (Tamerlans
Grab 1942).
Anmerkungen:
↑ Sharaf ud-Dīn Alī Yazdī,
„Zafarnāma“ (zeitgenössische Biografie; Im Auftrag von Timur entstanden),
14. Jht
↑ "gurkāni" - گوركانى -
ist die iranisierte Form des ursprünglich mongolischen Wortes kürügän und
bedeutet „Schwiegersohn“. Der Titel ist als "fu ma" und mit der selben
Bedeutung im Chinesischen attestiert und wurde von mongolischen Fürsten
getragen, die mit einer Nachkommin Dschingis Khans verheiratet waren.
↑ B.F. Manz, „Tīmūr Lang“,
in Encyclopaedia of Islam, digitale Edition, 2006
↑ a b "Die Geheime
Geschichte der Mongolen", ins Engl. übersetzt von I. De Rachewiltz, Kapitel
1, Bezug auf den Stammesnamen "Barlas" ["Birlas"]; Brill Inner Asian
Library, 2004.
↑ a b B.F. Manz, The rise
and rule of Tamerlan, Cambridge University Press, Cambridge 1989, S. 28: „…
We know definitely that the leading clan of the Barlas tribe traced its
origin to Qarchar Barlas, head of one of Chaghadai's regiments ... These
then were the most prominent members of the Ulus Chaghadai: the old
Mongolian tribes - Barlas, Arlat, Soldus and Jalayir …“
↑ M.S. Asimov & C. E.
Bosworth, History of Civilizations of Central Asia, UNESCO Regional Office,
1998, ISBN 92-3-103467-7, S. 320: „… One of his followers was […] Timur of
the Barlas tribe. This Mongol tribe had settled […] in the valley of Kashka
Darya, intermingling with the Turkish population, adopting their religion
(Islam) and gradually giving up its own nomadic ways, like a number of other
Mongol tribes in Transoxania …“
↑ „Timur selbst kam aus
einem Stamm, der als Barlas-Türken bezeichnet wurde, aber man nimmt an, daß
sie ursprünglich Mongolen waren, die Turki übernommen hatten.“ B. Gascoigne:
Die Grossmoguln, S. 11
↑ Monika Gronke: Timur und
seine Nachfolger, in: Geschichte Irans, München 2003, S. 60
↑ „Sein Vater Taraghai war ein türkischer Emir vom Clan der Barlas …“ Mme. Mahin Hajianpur: Das Timuridenreich und die Eroberung von Mawarannar durch die Usbeken, Artikel in: Fischer Weltgeschichte, Band 16, Zentralasien, S. 162
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Tamerlan
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