Sumba 1

Seite  1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 Start

Sumba besuchte ich zwei Mal in den Jahren 1998 und 1999. Mit Hilfe meiner Guides Kharel und John und dem Fahrer Aloe lernte ich die Insel intensiv kennen. Vor allem die traditionellen Dörfer hatten es mir angetan.

Die Karte ist interaktiv: Anklicken der roten Punkte führt zur entsprechenden Seite

Karte (von mir bearbeitet) aus: Periplus Travel Guide "East of Bali" S. 168

Einführung:

Auszug aus: Roland Dusik: Indonesien S. 388-390 (Dumont "Richtig reisen", Köln 1991)

Sumba (11 100 km2/ca. 420000 Einw.) liegt südlich von Sumbawa und Flores und damit nicht mehr im vulkanischen Bogen des Sunda-Gebirgssystems. Nicht nur verwaltungsmäßig, sondern auch klimatisch ist die beinahe ovale Insel in zwei sehr unterschiedliche Hälften geteilt. Mit über 1800 mm Niederschlag/Jahr erhält Westsumba eine etwa dreimal höhere Regenmenge als Ostsumba, dessen Landschaftsbild als Folge von Brandrodungsfeldbau und nachfolgender Bodenerosion von kahlen Berghängen und weiten, mit Hochgrassteppen bedeckten Ebenen geprägt wird. Im östlichen Teil Sumbas ist der Boden zu unfruchtbar für Ackerbau; seit frühen Zeiten verdienen die Ostsumbanesen daher ihren Lebensunterhalt mit der Aufzucht von Rindern und Pferden, die sie bis nach Westjava exportieren. Der Handel mit Sandelholz, früher eine wichtige Einnahmequelle, ist heute auf ein bescheidenes Maß zurückgegangen. Der einstige Reichtum an Sandelholz war auch der Grund dafür, dass die niederländische VOC Sumba im 17. und 18.Jh. in ihre Interessensphäre einbezog. Ansonsten aber lag die Insel stets im Schatten bedeutender geschichtlicher Ereignisse und wurde weder vom Hinduismus noch vom Islam oder christlichen Religionen in nennenswertem Ausmaß beeinflusst.
Obwohl Sumba mit einer Länge von rund 300 km und einer Breite von maximal 80 km verhältnismäßig klein ist, hat sich innerhalb der Inselbevölkerung, aufgrund der lange Zeit bestehenden geographischen Isolation zahlreicher Gebiete, eine Vielzahl von kulturellreligiösen und sprachlichen Unterschieden herausgebildet. Allgemein jedoch ist die sumbanesische Gesellschaft feudalistisch strukturiert. Man unterscheidet im wesentlichen drei (früher klar voneinander getrennte) soziale Schichten: die Maramba (die adeligen Volksführer, die Herren des Stammeseigentums, die Hüter des Adat; zu ihren Statussymbolen gehören große Viehherden und weite Ländereien), die Kabthu (die freien Bürger) und schließlich die Ata (die früheren Sklaven und Leibeigenen, die einst durch Niederlagen in Stammeskämpfen in Abhängigkeit gerieten). Seit einiger Zeit vollzieht sich bei verschiedenen sumbanesischen Stämmen ein Prozess, der die Standesunterschiede immer mehr verwischt, ohne sie jedoch völlig auszulöschen. In ihrer Funktion als Priester (bzw. Schamanen), Schicksalsdeuter und weltliche Richter nehmen die allseits hochgeachteten Rato eine bedeutende Stellung ein.
Trotz reger Aktivitäten zahlreicher christlicher Missionare verharren rund zwei Drittel der Sumbanesen nach wie vor fest in der Welt des Marapu, einer Religion, in der die als Gottheiten verehrten Ahnen die entscheidende Rolle spielen. Marapu ist nicht nur der kollektive Begriff für alles, was zur transzendenten Welt gehört, mit Marapu bezeichnet man auch die höchste, göttliche Macht, der, nach den religiösen Vorstellungen der meisten Sumbanesen, jegliche irdische Existenz zugrunde liegt. Ihrem Grundcharakter nach ist Marapu also eine monotheistische Religion, in der sich ein übernatürliches, konkret nicht fassbares, aber absolut mächtiges höheres Wesen in der Gestalt von Ahnengeistern und Naturgottheiten offenbart. Der Glaube an die magischen Kräfte der Vorfahren bestimmt das alltägliche Leben der Insulaner. Vor allem der Tod eines vergöttlichten Maramba ist ein Ereignis von hoher religiöser und sozialer Bedeutung. Die Begräbnisfeierlichkeiten dauern Tage und sind verbunden mit großen Tieropfern, bei denen oftmals ganze Wasserbüffelherden und eine Unzahl von Schweinen geschlachtet werden. Beigesetzt werden die Stammesfürsten in monumentalen Megalith-Gräbern, die oftmals mit einem reichen Skulpturenschmuck versehen sind.
Zu den uralten religiösen Traditionen gehört auch das Nyale-Ritual, das alljährlich im westlichen Sumba der Aussaat auf den Feldern vorausgeht (für gewöhnlich im Februar oder März). Benannt ist diese bedeutende Zeremonie nach den buntschillernden Ringelwürmern, die wie auf ein Zauberwort an zwei Tagen des Jahres, genau zu einer bestimmten Mondphase, frühmorgens aus dem Meer hochsteigen und auf die Strände der Insel kriechen. Für die Menschen auf Sumba ist dies ein Zeichen des Himmels. Aus der Verfassung der Würmer im Moment des Einsammelns leiten die animistischen Hohepriester Vorhersagen für die kommende Ernte ab. Der spektakulärste Teil des Nyale ist das Pasola. Bei diesem Kriegsspielritual treten Dutzende, bisweilen auch Hunderte von Reitern mit langen Holzspeeren gegeneinander an wie die Ritter in mittelalterlichen Turnieren. Stundenlang galoppieren sie auf ungesattelten Pferden aufeinander los und schleudern ihre stumpfen Speere mit aller Wucht auf den Gegner; dennoch werden viele Reiter während des Kampfspiels verletzt, nicht selten gibt es dabei auch Tote. Seinen Ursprung hat das Pasola in der Auffassung, dass (ähnlich wie beim Hahnenkampf auf anderen Inseln) die Erde mit Blut gedüngt werden müsse, um ihre Fruchtbarkeit sicherzustellen. Ebenso wie das Pasola sind auch die am Vorabend des Reiterkampfes stattfindenden kultischen Boxkämpfe (Pajura) ein Fruchtbarkeitsritual. Damit auch bei diesen Kämpfen genügend Blut fließt, umwickeln die Kontrahenten ihre Fäuste mit Bündeln scharfkantigen Grases. Diese gewalttätigen Rituale erinnern daran, dass auf Sumba noch vor weniger als einem Jahrhundert die Kopfjagd existierte. Auf diese kriegerischen Zeiten geht auch die Anlage der traditionellen Dörfer zurück, die man zur besseren Verteidigung vorwiegend auf Hügeln errichtete. Für gewöhnlich gruppieren sich um einen Kultplatz mit megalithischen Grabmalen doppelzeilig oder ringförmig die einzelnen Wohnhäuser, die als charakteristische Baumerkmale weit ausladende, nach oben hin keilförmig zulaufende Walmdächer tragen. Das kriegerische Moment im Volkscharakter deuten überdies die Kurzschwerter (Katopo) an, die von vielen sumbanesischen Männern auch heute noch fast ständig getragen werden.
Vor allem auf Ostsumba hat die Ikat-Webkunst eine sehr hohe Entfaltung erreicht. Die selbstgefertigten Textilien spielen sowohl im religiösen als auch sozialen Leben eine überaus wichtige Rolle. Man unterscheidet prinzipiell zwischen Tüchern für Männer (Hinggi) und solchen für Frauen (Lau). Die reich ornamentierten Ikat-Webereien, die zumeist als Festtracht getragen werden, symbolisieren bei wichtigen Zeremonien, insbesondere bei Hochzeiten und Beerdigungen, den Sozialstatus des Trägers. Die Sumbatücher besitzen häufig auch eine rituelle Bedeutung; man verwendet sie beispielsweise zum Einhüllen der Toten. Als die schönsten und feinsten der Webstücke gelten die sogenannten Hinggi Kombu und hau Kombu, die unter Verwendung der Rinde und der Wurzeln eines bestimmten Baumes rostbraun gefärbt werden. Der Hinggi Kawuru bzw. Lau Kawuru ist ein indigoblaues Tuch mit weißen Bildern und Ornamenten. Während in anderen indonesischen Zentren der Ikat-Weberei geometrische Muster bevorzugt werden, überwiegt auf Ostsumba die figurale Ornamentik. Häufig finden sich auf den Tüchern Darstellungen von Vögeln, Schlangen, Fischen und Krebsen. Andere charakteristische Motive sind kahlköpfige menschliche Figuren mit erhobenen Armen.